Leben auf dem Lande

Frauen in der Landwirtschaft (und im ländlichen Raum) in der DDR — ihre ökonomische und soziale Stellung in der Wendezeit und danach (1989–2000)

Dr. Uta Hoffmann

1. Frauen in der Landwirtschaft der DDR

Frau­en in der Gesell­schaft der DDR
In der Land­wirt­schaft Beschäf­tig­te genos­sen ein hohes gesell­schaft­li­ches Pres­ti­ge im Arbei­ter- und Bau­ern-Staat DDR. Frau­en, die in der Land­wirt­schaft arbei­te­ten, waren Teil eines Arbeits­kol­lek­tivs ver­gleich­bar wie im indus­tri­el­len Sek­tor. Die Fami­lie wur­de als wich­tig ange­se­hen („Keim­zel­le der Gesell­schaft“, SED-Slo­gan). Frau­en waren sowohl Arbei­te­rin­nen als auch Müt­ter meist haupt­ver­ant­wort­lich für die Haus- und Fami­li­en­ar­beit. Sie arbei­te­ten in Land­wirt­schafts­be­trie­ben (Koope­ra­ti­ven – LPG bzw. GPG — oder Staats­be­trie­ben – VEG und koope­ra­ti­ve Ein­rich­tun­gen) mit Arbeits­ver­trä­gen unab­hän­gig von ihren Män­nern und deren Arbeitsstatus.
Als Mit­glie­der der Genos­sen­schaf­ten hat­ten Frau­en die Mög­lich­keit “eige­nes Geld” zu ver­die­nen, eige­ne Sozi­al­leis­tun­gen zu erhal­ten und einen eige­nen Ren­ten­an­spruch zu erwer­ben. Nicht zuletzt ver­hal­fen die Betrie­be den Frau­en, einen Beruf zu erler­nen oder zu stu­die­ren und dann adäqua­te beruf­li­che Funk­tio­nen im Betrieb aus­zu­üben und die ent­spre­chen­de, auf eige­ne Leis­tung begrün­de­te Posi­ti­on in der Dorf­ge­mein­schaft und ggfs. dar­über hin­aus einzunehmen.
Die Land­wirt­schafts­be­trie­be waren vie­ler Orts ein „kom­mu­na­les Unter­neh­men“ und aus heu­ti­ger Sicht betrach­tet wur­den vie­le kom­mu­na­le und sozia­le Auf­ga­ben durch die Betrie­be und Arbeits­kol­lek­ti­ve orga­ni­siert. Das kam vor allem Frau­en zu Gute. In der Land­wirt­schaft zu arbei­ten war mehr als ein Job für die Arbei­te­rIn­nen. Betrie­be boten Arbeits­platz, Erho­lung, sozia­le Dienst­leis­tun­gen und Bildung.
Ein posi­ti­ves Bild vom Leben auf dem Land wur­de staat­lich pro­pa­giert. Das Arbeits­kol­lek­tiv war von fun­da­men­ta­ler Bedeu­tung für die Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on im Sozia­lis­mus. Die Über­win­dung der Unter­schie­de zwi­schen Stadt und Land waren Teil der Poli­tik der DDR. In vie­len Berei­chen wur­de dar­an gear­bei­tet. Wegen stän­dig knap­per Res­sour­cen ver­blie­ben Unausgewogenheiten.

Fami­lie und Freizeit
Zu Hau­se waren Frau­en in der Mehr­zahl haupt­ver­ant­wort­lich für den Haus­halt und die Fami­li­en­ar­beit. Der Sta­tus hat sich aus Gleich­stel­lungs­sicht bis zur Wen­de­zeit sehr lang­sam gewan­delt. Es gab wei­ter­hin vor­wie­gend die tra­di­tio­nel­le Arbeits­tei­lung vor allem im länd­li­chen Kon­text. Seit den 1970ger wur­den Män­ner zuneh­mend z.B. in die Kin­der­be­treu­ung ein­be­zo­gen. Män­ner über­nah­men auch Fami­li­en­ar­beit. Sicht­ba­re bei­spiel­haf­te Ver­än­de­run­gen: Män­ner haben Kin­der in Kin­der­krip­pe gebracht oder Kin­der­wa­gen in der Öffent­lich­keit gescho­ben und gin­gen Ein­kau­fen. Durch die Regel­voll­be­schäf­ti­gung der Frau­en war die Arbeits­tei­lung im pri­va­ten Bereich eine Notwendigkeit.
Frau­en im Haus­wirt­schafts­be­reich waren den­noch in ihren tra­di­tio­nel­len Rol­len ver­haf­tet. Sie waren haupt­zu­stän­dig für die Kin­der­be­treu­ung, Essen­zu­be­rei­tung, die Ver­ar­bei­tung von Obst und Gemü­se aus dem Haus­gar­ten und ande­re täg­li­che Hausarbeiten.
Die Frei­zeit wur­de z.B. durch Fami­li­en­aus­flü­ge oder auch gemein­sa­me Unter­neh­mun­gen der Arbeits­kol­lek­ti­ve bestimmt. Orga­ni­siert wur­den die Unter­neh­mun­gen der Arbeits­kol­lek­ti­ve durch die Betrie­be, gesell­schaft­li­che Orga­ni­sa­tio­nen wie Deutsch-Sowje­ti­sche-Freund­schaft (DSF) oder Volks­so­li­da­ri­tät – bzw. ande­re loka­le Frei­zeit­grup­pen (Sport­ver­ei­ne, Chö­re und auch Kir­chen­grup­pen). In der Regel hat­ten die Fami­li­en ein Auto, das durch die lan­gen War­te­zei­ten auf Tra­bant, Sko­da oder Wart­burg ab dem Alter um die 30 Jah­re zur Ver­fü­gung stand. Das Fern­se­hen wur­de natür­lich auch als eine Art der Erho­lung gesehen.
Neben der bezahl­ten Arbeit in den Land­wirt­schafts­be­trie­ben haben vie­le Frau­en noch einen pri­va­ten Gar­ten oder gar ein pri­va­tes Feld — hin­ter ihren Häu­sern – (ca. 0,25 ha) mit ihren Män­nern bewirt­schaf­tet. Die­ser Gar­ten brach­te unab­hän­gig von der Arbeit in den Land­wirt­schafts­be­trie­ben noch Geld in die Haus­halts­kas­sen ein. Ohne die­se zusätz­li­chen Ein­nah­men war der Erhalt des Hau­ses oder der jähr­li­che Urlaub schwe­rer rea­li­sier­bar. Die Kauf­kraft der Haus­hal­te in der DDR ist mit der in der BRD nicht ver­gleich­bar. Es fie­len kaum Miet­aus­ga­ben an (30–120 Mark) — und alle Waren des täg­li­chen Bedarfs waren sub­ven­tio­niert. 1.764 Mark war das durch­schnitt­li­che Grund­ein­kom­men der DDR pro Fami­lie 1989. Für Frau­en betrug es 762 Mark, für Män­ner 1.009 Mark (Marx-Ferree,1993). Ein Ein­kom­men hät­te grund­sätz­lich nicht aus­ge­reicht um eine Fami­lie gut zu versorgen.
Das pri­va­te Eigen­tum des Acker­lan­des, das in die Koope­ra­ti­ven bis Anfang der 60ger Jah­re ein­ge­bracht und durch die Koope­ra­ti­ven bewirt­schaf­tet wur­de, spiel­te im täg­li­chen Leben des Dor­fes und der Arbei­te­rIn­nen kei­ne Rol­le mehr, weil auch Arbei­te­rIn­nen aus ande­ren Gebie­ten des Lan­des in Dör­fer zogen und dort Arbeit und Woh­nung bzw. Häu­ser zur Mie­te erhiel­ten. Das betraf die lei­ten­den Betriebs­po­si­tio­nen genau­so wie die ArbeiterInnen.
Es gab wei­te­re Ent­wick­lun­gen in der DDR, die das Leben für die Frau­en auf dem Land attrak­tiv gemacht haben.

Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf
Die Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf war eine staat­li­che Pro­kla­ma­ti­on und auf dem Land fast genau­so mög­lich wie in der Stadt. Kin­der­krip­pen mit der ganz­tä­gi­gen unent­gelt­li­chen Ver­sor­gung der Kin­der ab dem ers­ten Lebens­jahr waren die Regel in jedem Dorf. Kos­ten ent­stan­den dafür den Eltern nicht. Es waren 0,35 Mark Essen­geld pro Tag zu entrichten.
Die Bezah­lung der Arbei­te­rIn­nen erfolg­te in Form von Lohn („Glei­cher Lohn für glei­che Arbeit“) und Jah­res­end­prä­mi­en bei aus­ge­zeich­ne­ten Leis­tun­gen, die öffent­lich gemacht wurden.
40% des Haus­halts­ein­kom­mens wur­den durch­schnitt­lich von Frau­en durch eine 5‑Ta­ge-Woche mit 8 Stun­den Arbeits­zeit rea­li­siert. Dazu kam jeden Monat ein Haus­ar­beits­tag und ca. 20 Tage Urlaub im Jahr.
Die Arbeits­tei­lung zwi­schen den Geschlech­tern in der klei­nen pri­va­ten Gar­ten- und Hof­wirt­schaft wur­de eher als „alles muss gemacht wer­den“ ange­se­hen. Hier gibt es in der Lite­ra­tur kei­ne Aus­sa­gen zur gene­rel­len geschlechts­spe­zi­fi­schen Arbeitsteilung.
Die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung in den Dör­fern war abge­si­chert. Es gab All­ge­mein­ärz­te, die in klei­nen Dör­fern regel­mä­ßig Sprech­stun­den abhiel­ten oder eige­ne Dorf­pra­xen unter­hiel­ten. Jedes Dorf hat­te eine Gemein­de­schwes­ter. Durch den gut aus­ge­bau­ten öffent­li­chen Nah­ver­kehr (i.d.R. ganz­tä­gi­ger mehr­fa­cher Bus – oder Zug­ver­kehr in die nächst­ge­le­ge­ne Stadt) waren Spe­zi­al­ärz­te in den Poli­kli­ni­ken der Städ­te gut erreichbar.
In jedem Dorf über hun­dert Ein­woh­ner gab es einen „Kon­sum“ vor allem mit Lebens­mit­tel und eini­ge wei­te­re Waren des täg­li­chen Bedarfs. Dorf­be­woh­ne­rin­nen — und hier waren es fast aus­schließ­lich Frau­en, ori­en­tier­ten sich am Ange­bot. Die Ver­sor­gung mit Waren dar­über hin­aus war spär­lich aus unse­rer heu­ti­gen Sicht. Weil es regel­mä­ßi­ge Ein­kaufs­gän­ge zu Fuß oder mit dem Fahr­rad gab und teil­wei­se in „Schlan­gen“ gewar­tet wer­den muss­te, war der Kon­sum ein kom­mu­na­ler Aus­tausch­punkt für die Frau­en. Hier wur­den die Leh­re­rIn­nen nach den Leis­tun­gen der Kin­der befragt und die Schicht­ar­bei­te­rIn­nen, die in der Stadt arbei­te­ten, teil­ten ihre Erfah­run­gen und Neu­ig­kei­ten mit. Es wur­de ver­hal­ten geschimpft z.B. über die schlech­te Ver­sor­gung und die weni­gen Rei­se­mög­lich­kei­ten in das sozia­lis­ti­sche Aus­land. Man tausch­te sich aus über Gebur­ten, Ster­be­fäl­le, die Ent­wick­lung der Kin­der, das Fern­seh­pro­gramm (vor allem im West­fern­se­hen) – Dorf­klatsch im Sozialismus.

Weiterbildung/Qualifizierung
Die in den Koope­ra­tio­nen zusam­men­ar­bei­ten­den Land­wirt­schaft­li­chen Pro­duk­ti­ons­ge­nos­sen­schaf­ten der Tier- und Pflan­zen­pro­duk­ti­on sowie auch Staats­gü­ter waren in den meis­ten Dör­fern gesell­schaft­li­ches und kul­tu­rel­les Zentrum.
Die beruf­li­che Qua­li­fi­zie­rung wur­de neben der Erwerbs­tä­tig­keit fast aus­schließ­lich zum Kri­te­ri­um der Gleich­be­rech­ti­gung in der DDR gemacht. Qua­li­fi­zie­rung soll­te die Gleich­stel­lung von Frau­en auch in der bäu­er­li­chen Fami­lie, in der Dorf­ge­mein­schaft und in den Land­wirt­schafts­be­trie­ben durch­set­zen helfen.

Die Arbeits­kraft „Frau“ war in den LPGen fes­ter Pla­nungs­be­stand­teil. So wur­de ab den 1960er Jah­ren ein Netz von Kur­sen und Schu­lungs­mög­lich­kei­ten für die Beschäf­tig­ten geschaf­fen. Die Auf­ga­ben der Staats­or­ga­ne bei der Frau­en­för­de­rung ent­hielt einen eige­nen Abschnitt zu den Genos­sen­schafts­bäue­rin­nen in den Doku­men­ten der Partei.
1990 besaß in der DDR in der Land- und Forst­wirt­schaft nur jede elf­te Frau kei­nen Berufsabschluss.
Mit 89,2 Pro­zent war der Anteil der Frau­en mit einer abge­schlos­se­nen beruf­li­chen Aus­bil­dung an den rund 350.000 weib­li­chen Erwerbs­tä­ti­gen in der Land- und Forst­wirt­schaft Ende 1989 um vier Pro­zent­punk­te höher als in der Indus­trie, wo er bei 85,1 Pro­zent lag.
Bis 1970 konn­ten 61,9 Pro­zent aller in der Land­wirt­schaft beschäf­tig­ten Frau­en eine beruf­li­che Aus­bil­dung abschlie­ßen. Die­se Quo­te erhöh­te sich bis 1989 auf 92 Pro­zent. (Pan­zig, 1998)
Durch die Ein­füh­rung des Frau­en­son­der­stu­di­ums an den Agrar­in­ge­nieur- und land­wirt­schaft­li­chen Hoch­schu­len wuchs nach 1960 die Zahl der aka­de­misch gebil­de­ten Frau­en in der Land­wirt­schaft. In den 1970er und 1980er Jah­ren stu­dier­ten zuneh­mend jun­ge Städ­te­rin­nen an den land­wirt­schaft­li­chen Hoch- und Fach­schu­len und land­wirt­schaft­li­chen Fach­rich­tun­gen der Universitäten.
1989 hat­ten 2,2 Pro­zent aller in der Land­wirt­schaft täti­gen Frau­en einen Hoch­schul­ab­schluss und 7,1 Pro­zent ein Fach­schul­ex­amen auch Dank der spe­zi­ell ein­ge­rich­te­ten Frau­en­för­der­klas­sen an den Land­wirt­schafts­schu­len. Der Anteil hoch qua­li­fi­zier­ter Frau­en in den genos­sen­schaft­li­chen und staat­li­chen Land­wirt­schafts­be­trie­ben war 1989 mit fast 40 (37,3) Pro­zent der ins­ge­samt fast 80.000 (78.929) in der Land­wirt­schaft Beschäf­tig­ten mit Hoch- und Fach­schul­ab­schluss rela­tiv hoch (Pan­zig, 1998).
Vie­le der LPG und VEG bil­de­ten in betriebs­ei­ge­nen Berufs­schu­len den land­wirt­schaft­li­chen Nach­wuchs, dar­un­ter glei­cher­ma­ßen jun­ge Frau­en, aus. In ihren Lehr­lings­wohn­hei­men boten sie aus­wär­ti­gen Lehr­lin­gen kos­ten­güns­ti­ge Unter­kunft, Ver­pfle­gung und Betreu­ung. Auch die meis­ten Absol­ven­ten und Absol­ven­tin­nen von land­wirt­schaft­li­chen Hoch- und Fach­schu­len fan­den ihre Arbeits­plät­ze in den LPGen. Für ihre Beschäf­tig­ten Frau­en mit Kin­dern wur­den spe­zi­el­le Qua­li­fi­zie­rungs- und Wei­ter­bil­dungs­lehr­gän­ge offe­riert, die wäh­rend der Arbeits­zeit für die Teil­neh­men­den bezahlt stattfanden.
Frau­en nah­men trotz ihrer guten fach­li­chen Bil­dung Lei­tungs­funk­tio­nen im mitt­le­ren Manage­ment, sel­ten im obe­ren Manage­ment der Land­wirt­schafts­be­trie­be wahr: als stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de im Per­so­nal- und Bil­dungs­be­reich, als Haupt­buch­hal­te­rin, als Lei­te­rin der öko­no­mi­schen Grup­pe, als Bri­ga­die­rin und Arbeits­grup­pen­lei­te­rin sowie in der Lehr­lings­aus­bil­dung und ‑betreu­ung. Betriebs­lei­te­rin­nen waren sel­ten. Obwohl 37,6 Pro­zent der Frau­en in der Tier­pro­duk­ti­on über eine Hoch- und Fach­schul­aus­bil­dung ver­füg­ten und 28 Pro­zent der Frau­en in den Lei­tun­gen der spe­zia­li­sier­ten LPG-Tier­pro­duk­ti­on arbei­te­ten, gab es nur 2,8 Pro­zent weib­li­che LPG-Vor­sit­zen­de (Pan­zig, 1998).
Weni­ge der hoch qua­li­fi­zier­ten Diplo­magrar­in­ge­nieu­rin­nen waren bereit, sich auf Füh­rungs-funk­tio­nen „ein­zu­las­sen“. Das nur, wenn sie die dar­aus resul­tie­ren­de beruf­li­che Mehr­be­las­tung mit Fami­lie und Kin­dern ver­ein­ba­ren konn­ten und ihre Män­ner sie unter­stütz­ten. Letzt­lich kapi­tu­lier­ten vie­le von ihnen nicht vor den fach­li­chen Anfor­de­run­gen, son­dern vor den damit ver­bun­de­nen, viel zeit­bin­den­den Polit­ver­an­stal­tun­gen, denen Füh­rungs­kräf­te der LPG nicht aus­wei­chen konn­ten (Pan­zig, 1998).

Kul­tur — Urlaub und Ferien
Nach­hal­tig posi­tiv auf die Erwerbs­tä­tig­keit von Frau­en haben sich die sozia­len Ein­rich­tun­gen in den Dör­fern aus­ge­wirkt. Dazu gehör­ten Kin­der­krip­pen und ‑gär­ten. Die Genos­sen­schaf­ten rich­te­ten Betriebs­kü­chen ein, die den Frau­en das täg­li­che Kochen abnah­men und nicht nur für Betriebs­an­ge­hö­ri­ge, son­dern für Rent­ne­rIn­nen, Schü­le­rIn­nen und Vor­schul­kin­der. Dane­ben besa­ßen und orga­ni­sier­ten die meis­ten land­wirt­schaft­li­chen Koope­ra­tio­nen ab den sieb­zi­ger und acht­zi­ger Jah­ren Kin­der­fe­ri­en­la­ger und Urlau­ber­hei­me bzw. Urlaubs­plät­ze. In vie­len Dör­fern gab es Frei­zeit­an­ge­bo­te wie bei­spiels­wei­se Jugend­klubs, Reit- und ande­re Sport­ver­ei­ne, Folk­lo­re­grup­pen, Blas­or­ches­ter, Jagd­horn­blä­ser- und ande­re Musik­grup­pen, Kera­mik und Tex­til­ge­stal­tungs­zir­kel usw. deren Trä­ger nicht sel­ten eine LPG war.
Sozia­le und kul­tu­rel­le Akti­vi­tä­ten waren inte­gra­ler Bestand­teil des dörf­li­chen Lebens und wur­den staat­lich von der Betriebs­lei­tung fest­ge­legt aber vor allen von Frau­en umge­setzt. Die Jah­res­mit­glie­der­ver­samm­lung der LPG wur­de mit Kul­tur­bei­trä­gen z.B. der Kin­der­ein­rich­tun­gen oder Schu­len ver­bun­den und ende­te meist mit einer Tanz­ver­an­stal­tung. Am Inter­na­tio­na­len Frau­en­tag (8. März) zeich­ne­te die Betriebs­lei­tung Frau­en für ihre gute Arbeits­leis­tung oder geleis­te­te gesell­schaft­li­che Auf­ga­ben aus. Ande­re Fes­te, wie Ern­te­fest, Weih­nachts­fei­ern, der Ers­te Mai, der Inter­na­tio­na­le Kin­der­tag (1. Juni) waren Bestand­tei­le des Kul­tur­jah­res­pla­nes jeder Bri­ga­de und wur­den oft in Bri­ga­de­ta­ge­bü­chern fest­ge­hal­ten (van Hoven-Igan­ski, 2000.) Beson­ders die leis­tungs- und wirt­schafts­star­ken Koope­ra­tio­nen hat­ten für die Dör­fer ihres Koope­ra­ti­ons­be­rei­ches Kul­tur­häu­ser, Gast­stät­ten, Ver­kaufs­stel­len, medi­zi­ni­sche und phy­sio­the­ra­peu­ti­sche Ein­rich­tun­gen gebaut und bewirt­schaf­tet, sowie Woh­nun­gen für ihre Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter. Die­se Ange­bo­te zog auch Arbeits­kräf­te aus der Stadt an.
Durch die Gemein­schafts­ar­beit waren die ein­zel­nen Genos­sen­schafts­bau­ern und ‑bäue­rin­nen ersetz­bar und konn­ten auch in der Ern­te­zeit Urlaub machen. Gemein­sa­mes Arbei­ten, Fei­ern in den Bri­ga­den, Betriebs­fes­te und ‑fahr­ten, finan­ziert aus dem Kul­tur- und Sozi­al­fonds¹, för­der­ten das Zusam­men­ge­hö­rig­keits­ge­fühl. In sei­ner Sum­me trug dies alles dazu bei, dass genos­sen­schaft­li­che Nor­men wirk­lich zur Norm der Zusam­men­ar­beit in den Dör­fern wur­den (Pan­zig, 1998).
In der DDR ver­gli­chen die meis­ten Bäue­rin­nen nicht Anspruch und Wirk­lich­keit von „Frau­en­po­li­tik“ mit­ein­an­der, son­dern ihren Lebens- und Arbeits­all­tag mit dem ihrer Müt­ter und Groß­müt­ter. Gemes­sen an ihnen und an den Bäue­rin­nen in der Bun­des­re­pu­blik sahen sich die Genos­sen­schafts­bäue­rin­nen als mit wesent­lich mehr Rech­ten aus­ge­stat­tet und den Män­nern im Erwerbs­le­ben weit­ge­hend gleich­be­rech­tigt. „Frau­en haben ihren Mann gestanden“.

2. Die Wendezeit 1990 – 1993

Aus­gangs­si­tua­ti­on 1989–1993
Im länd­li­chen Raum der neu­en Bun­des­län­der domi­nier­ten anders als in länd­li­chen Regio­nen der alten Bun­des­län­der fast aus­schließ­lich land­wirt­schaft­li­che Unter­neh­men. Ihre Betriebs­struk­tu­ren waren mit denen der west­deut­schen Land­wirt­schafts­be­trie­be kaum ver­gleich­bar, da in die land­wirt­schaft­li­chen Koope­ra­tio­nen ver­schie­de­ne der land­wirt­schaft­li­chen Pro­duk­ti­on vor- und nach­ge­la­ger­ten Berei­che inte­griert waren. Dazu gehör­ten gro­ße Tech­nik­be­rei­che, in denen wegen man­geln­der Leis­tungs­fä­hig­keit der Indus­trie (kei­ne Markt­ori­en­tie­rung, son­dern Pro­duk­ti­on nach Staats­plan), Gewächs­häu­ser gebaut, Gebäu­de errich­tet und Maschi­nen repa­riert wur­den, schwer ver­füg­ba­re Ersatz­tei­le wur­den „irgend­wie beschafft“, Häu­ser für Fami­li­en und Stra­ßen wur­den gebaut und tech­ni­sche Hilfs­mit­tel für den Eigen­be­darf hat man selbst ent­wi­ckelt und pro­du­ziert, eige­ne Ver­kaufs­stel­len wur­den auch in den nahe­ge­le­ge­nen Städ­ten betrie­ben. In den Dör­fern hat­ten die Land­wirt­schafts­be­trie­be in der DDR im Ver­gleich zu Land­wirt­schafts­be­trie­ben in der Bun­des­re­pu­blik über ihre eigent­li­chen Pro­duk­ti­ons­auf­ga­ben hin­aus wesent­lich mehr Funk­tio­nen zu erfül­len. Sie nah­men Auf­ga­ben wahr, die in der Bun­des­re­pu­blik den Kom­mu­nen oblie­gen. Die in gro­ßen Koope­ra­tio­nen zusam­men­ar­bei­ten­den Land­wirt­schaft­li­chen Pro­duk­ti­ons-genos­sen­schaf­ten der Tier- und Pflan­zen­pro­duk­ti­on sowie auch Staats­gü­ter waren in den vie­len Dör­fern gesell­schaft­li­ches und kul­tu­rel­les Zen­trum (Pan­zig, 1998).
Von vie­len Frau­en wur­de der Ver­lust ihrer Arbeits­kol­lek­ti­ve und die dar­in erleb­te Gemein­schaft als Wert glei­cher Maßen beklagt. Im Früh­jahr 1991, nach­dem von den 180.000 der in der Land­wirt­schaft Bran­den­burgs im Jahr 1989 Beschäf­tig­ten 115.000 ent­las­sen wor­den waren, kon­sta­tier­te die Vor­sit­zen­de des Land­frau­en­ver­eins Bran­den­burg, Wil­ma Nickel, gegen­über der Bau­ern-Zei­tung „In den Dör­fern ist so viel ver­lo­ren­ge­gan­gen, dabei seh­nen sich gera­de Frau­en, denen ja nun die Kom­mu­ni­ka­ti­on und die Wär­me ihres ehe­ma­li­gen Arbeits­kol­lek­ti­ves fehlt, nach gemein­sa­men Erleb­nis­sen. Die Welt ist grö­ßer gewor­den, aber gleicht das den Ver­lust an Hei­mat aus?“
In nur drei Jah­ren nach der Wen­de ver­lo­ren im Osten Deutsch­lands von ehe­mals 915.000 Beschäf­ti­gen in der Land- und Forst­wirt­schaft 629.000 ihre Arbeit. 200.000 wur­den in die Ren­te oder den Vor­ru­he­stand geschickt. Wäh­rend 240.000 vor­wie­gend jün­ge­re und gut aus­ge­bil­de­te Arbeits­kräf­te aus der Land- und Forst­wirt­schaft in ande­re Beru­fe wech­sel­ten, blie­ben 135.000 arbeits­los. Der größ­te Teil davon waren Frau­en und älte­re Erwerbs­tä­ti­ge. In die zeit­lich auf ein Jahr begrenz­ten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen2 sowie in Um- und Fort­bil­dung gin­gen 105.000 ehe­ma­li­ge land­wirt­schaft­li­che Arbeits­kräf­te, die sich davon einen beruf­li­chen Neu­an­fang ver­spra­chen. Etwa 170.000 Per­so­nen waren im Juni 1993 in der Land­wirt­schaft der neu­en Bun­des­län­der beschäf­tigt, etwa 10.000 von ihnen in Kurz­ar­beit (Pan­zig, 1994). Die Arbeits­lo­sen­ra­te in den länd­li­chen Räu­men des Lan­des Bran­den­burg betrug Mit­te der 90ger Jah­re noch immer ca. 25 %. Beson­ders waren jun­ge allein­ste­hen­de Müt­ter von Armut bedroht (Köppl, 1997).

70 % der Frau­en über 55 Jah­re haben die Vor­ru­he­stands­re­ge­lung ange­nom­men – von den Män­nern waren es 50%. Die Arbeits­lo­sen­ra­te der Frau­en war teil­wei­se dop­pelt so hoch wie die der Männer.
Ca. 70% der Arbeits­lo­sen waren Frau­en. Den­noch waren sie auch in den Arbeits­markt­un­ter­stüt­zungs­maß­nah­men wie ABM (Arbeits­be­schaf­fungs­maß­nah­men) oder § 249 h Maß­nah­men unterrepräsentiert.
Die engen Bezie­hun­gen zwi­schen Arbeits­platz, sozia­lem Leben, öffent­li­cher Teil­ha­be und der Fami­lie in der DDR waren ent­schei­den­de Wer­te für die indi­vi­du­el­len Lebens­um­stän­de der Frau­en. Die­se waren ver­lo­ren. Arbeits­lo­sig­keit wur­de zu einem gesell­schaft­li­chen Phä­no­men, dass sie bis 1989 nicht kann­ten und dafür kei­ne Stra­te­gien ent­wi­ckeln muss­ten. Die Kon­fron­ta­ti­on mit dem Nicht­denk­ba­ren war Aus­gangs­punkt der vie­len nach­ge­la­ger­ten Auf­ga­ben mit denen die Frau­en klar­kom­men muss­ten. Neue Nor­men muss­ten ver­in­ner­licht wer­den: Wett­be­werb unter­ein­an­der, Stress durch nicht selbst gewoll­te Ver­än­de­run­gen, Ver­schwie­gen­heit (nicht alles sagen), Ego­is­mus und Eifer­sucht, Umgang mit mate­ri­el­len Ver­lus­ten. Das beein­fluss­te die sozia­len Bezie­hun­gen im dörf­li­chen Umfeld. Die alten kol­lek­ti­ven Freund­schaf­ten wur­den nicht mehr gepflegt, auch wirt­schaft­li­ches Kon­kur­renz­ver­hal­ten führ­te zu Kon­flik­ten, die sich auf den „Zusam­men­halt“ der dörf­li­chen agra­risch gepräg­ten Struk­tu­ren auswirkte.
Die Haupt­grün­de für die schlech­te­re Aus­gangs­po­si­ti­on der Frau­en auf dem Arbeits­markt wur­den wie folgt beschrie­ben (Fink et al, 1993):

  • Frau­en wur­den auf dem Arbeits­markt über­flüs­sig gemacht (Manö­vrier­mas­se des Arbeitsmarktes)
  • Grö­ße­re Ver­pflich­tung für die Fami­lie als ein Resul­tat des schwe­re­ren Ein­stiegs in den Arbeits­markt (90% sind Müt­ter und 30% alleinerziehend)
  • Gerin­ge­re Mobilität
  • Weni­ger Ver­füg­bar­keit von Arbeits­be­schaf­fungs­maß­nah­men für Frauen.

Der Lohn war in den 1990ger Jah­ren in Ost­deutsch­land für Män­ner und Frau­en ungleich gerin­ger als in West­deutsch­land. Nicht sel­ten waren Stun­den­löh­ne von 5 DM. Unter die­sen Umstän­den konn­ten es sich Frau­en nicht vor­stel­len ohne Arbeit „über die Run­den zu kom­men“, auch wenn ihre Män­ner Arbeit hat­ten. Es gab vie­le Bei­spie­le dafür, wo sich Frau­en selbst nach Umschu­lung und mit „neu­er“ Arbeit dequa­li­fi­ziert gefühlt haben (z.B. Flo­ris­tin­nen, Ver­käu­fe­rin­nen, Selbst­ver­mark­tung von eige­nen Pro­duk­ten der Gär­ten, Tourismus).
Es wur­den nach 1990 weni­ger Unter­stüt­zung und Zugang zu kom­mu­na­len Dienst­leis­tun­gen und Kin­der­be­treu­ung bereit­ge­stellt. Dadurch konn­ten Frau­en an Ver­an­stal­tun­gen des Arbeits­am­tes (in der Stadt) und der loka­len und regio­na­len Ent­wick­lung nicht teil­ha­ben. Sie muss­ten ihre eige­nen Stra­te­gien ent­wi­ckeln. Ihr Lebens­mit­tel­punkt — ihre Hei­mat­dör­fer — waren kei­ne Alter­na­ti­ve mehr für eine aus­kömm­li­che Zukunft. Die­ser Erkennt­nis­pro­zess lief bei jun­gen unab­hän­gi­gen Frau­en schnel­ler ab als bei den Frau­en, die in ihrem Leben „sel­ten aus dem Dorf raus­ge­kom­men“ waren und hier Fami­li­en gegrün­det hat­ten. So wur­de in den 1990ger Jah­ren auch ein gro­ßer Gebur­ten­rück­gang in Ost­deutsch­land ver­zeich­net und die jun­gen Arbeits­kräf­te Män­ner und Frau­en wan­der­ten in Grö­ßen­ord­nun­gen in „den Wes­ten“ ab.
Auf der ande­ren Sei­te gab es neue Optio­nen, die vor allem Frau­en sahen, die sich schnell den neu­en Arbeits­um­feld anpass­ten und in der Regel nicht (lan­ge) arbeits­los waren. Sie inter­es­sier­ten sich für die Ent­wick­lung im regio­na­len Umfeld, für Poli­tik und nah­men die Unter­stüt­zung der Poli­tik an und setz­ten sich für die „Wen­de“ der Ent­wick­lung ein.

Vor­ru­he­stand zwi­schen 55 und 65 Jahren
Im Febru­ar 1990 ver­ab­schie­de­te die Mod­row — Regie­rung der DDR ein Gesetz zur Früh­ver­ren­tung, das durch den Eini­gungs­ver­trag modi­fi­ziert wur­de und bis zum 31.12.1992 fort­be­stand. In Fol­ge die­ser Rege­lun­gen war es mög­lich, Arbeit­neh­me­rIn­nen über 55 Jah­re vor­zei­tig „in Ren­te“ zu schi­cken. Alters­ko­hor­ten der 1926 bis 1937 gebo­re­nen Män­ner und die der zwi­schen 1931 bis 1937 gebo­re­nen Frau­en wur­den aus dem Erwerbs­le­ben aus­ge­glie­dert (Leh­mann, 1997).
Die­se Opti­on nah­men fast alle Frau­en, die in den Land­wirt­schafts­be­trie­ben arbei­te­ten an, weil es eine Absi­che­rung ihrer Lebens­si­tua­ti­on war und die Betrie­be so „eine Sor­ge weni­ger hat­ten“. Die Betrie­be muss­ten sich um die jün­ge­ren Män­ner küm­mern und nicht sel­ten viel das Wort „Soli­da­ri­tät“, die unter­ein­an­der geübt wer­den soll­te. Das Alters­über­gangs­geld war häu­fig sehr gering. Vie­le hat­ten nicht viel mehr als das Arbeits­lo­sen­geld. Man war also mit 55 Jah­ren aus dem Pro­duk­ti­ons­pro­zess aus­ge­schlos­sen und bis zum Errei­chen des regu­lä­ren Ren­ten­al­ters (Frau­en: 60 Jah­re) mit einem Vor­ru­he­stands­geld in Höhe von 63 Pro­zent des letz­ten, im Ver­gleich zu BRD-Löh­nen rela­tiv gerin­gen DDR-Loh­nes von durch­schnitt­lich 1.242 Mark im Jahr 1989 aus­ge­stat­tet (In der Land­wirt­schaft wur­de eher weni­ger ver­dient). Die sub­jek­ti­ven Wahr­neh­mun­gen der Frau­en waren sehr ver­schie­den – neben der Moti­vie­rung sich zu freu­en „alt genug zu sein“ (meist von außen so dar­ge­stellt), war die eige­ne Lebens­per­spek­ti­ve bis 60 und ggfs. dar­über hin­aus arbei­ten zu wol­len eine ande­re Per­spek­ti­ve, die nicht mehr umge­setzt wer­den konn­te. Es wur­den Kar­rie­re­plä­ne von Frau­en plötz­lich abge­schnit­ten und Lethar­gie und „Abge­schrie­ben­sein“ war bei vie­len Frau­en präsent.
In der Fol­ge ent­wi­ckel­ten sich in den Dör­fern Akti­vi­tä­ten von Frau­en auf frei­wil­li­ger Basis. Sie arbei­te­ten in neu­en oder in tra­di­tio­nel­len Ver­ei­nen (z.B. Volks­so­li­da­ri­tät oder Land­frau­en­ver­bän­de) in Initia­ti­ven für neue regio­na­le Kon­tak­te und betei­lig­ten sich an der

Erar­bei­tung neu­er regio­na­ler Per­spek­ti­ven (Umwelt­schutz, Ver­kehrs­pla­nung, Tou­ris­mus­kon­zep­te, Städ­te­part­ner­schaf­ten) und am Auf­bau von ABM-Maßnahmen.

Arbeits­för­de­rungs­s­maß­nah­men
Qualifizierungen
Eine Temp­li­ner Qua­li­fi­zie­rungs­be­ra­te­rin äußer­te, dass es nicht genü­gend Maß­nah­men für Frau­en aus der Land­wirt­schaft gibt und auch kaum sol­che, “die sich an den Vor­aus­set­zun­gen und beruf­li­chen Inter­es­sen, Wün­schen und Fähig­kei­ten der Frau­en mit land­wirt­schaft­li­cher Vor­bil­dung aus­rich­ten. Die­se wür­den vor allem hand­werk­li­che Qua­li­fi­zie­rung wün­schen” (BMBF,1992).
Gera­de auch die jün­ge­ren, aka­de­misch oder beruf­lich gut aus­ge­bil­de­ten Frau­en aus der Land­wirt­schaft sind es zu Beginn der 1990ger Jah­re gewe­sen, die sich – im länd­li­chen Raum und vor allem in den Rand­ge­bie­ten grö­ße­rer Städ­te – neue beruf­li­che Mög­lich­kei­ten erschlos­sen haben oder mit Erfolg selb­stän­di­ge beruf­li­che Exis­ten­zen im länd­li­chen Raum grün­de­ten. Dabei kamen ihnen ihre Berufs­er­fah­run­gen zugu­te, die sie bei der Bewäl­ti­gung viel­sei­ti­ger Auf­ga­ben in den Land­wirt­schafts­be­trie­ben zu lösen hat­ten (Pan­zig, 1994).
Den­noch wur­den die Maß­nah­men von den Frau­en oft als Dequa­li­fi­zie­run­gen emp­fun­den. Über­wie­gend im EDV- und büro­tech­ni­schen Bereich ange­bo­te­ne Qua­li­fi­zie­rungs­maß­nah­men im länd­li­chen Raum wur­den vor­zugs­wei­se von jün­ge­ren Frau­en mit dem Abschluss der 10. und 12. Klas­se und einer guten beruf­li­chen Aus­bil­dung genutzt (Panzig,1994; Varia, 1996).

ABM
Die Teil­nah­me an ABM – Maß­nah­men setz­te für Frau­en im länd­li­chen Raum die Mobi­li­tät und die Kin­der­be­treu­ung vor­aus (van Hoven- Igan­ski, 2000). In Unter­su­chun­gen wur­de deut­lich, dass in der Alters­grup­pe der über 50-jäh­ri­gen Frau­en der Anteil mit 40,1% am höchs­ten lag. Hier spie­gel­te sich die Ziel­grup­pen­ori­en­tie­rung der Maß­nah­men wider, die aller­dings bereits bei den 40jährigen Frau­en hät­te anset­zen müs­sen. Vie­le Frau­en beka­men eine Arbeits­be­schaf­fungs­maß­nah­me direkt vom Arbeits­amt ange­bo­ten. In Erfah­run­gen mit Arbeits­be­schaf­fungs­maß­nah­men zeig­te sich eine hohe Akzep­tanz. Die Arbeit hat den Frau­en meist gefal­len und sie konn­ten ihre Kennt­nis­se erwei­tern (Varia, 1996).
Frau­en began­nen die ABM-Maß­nah­men enthu­si­as­tisch. Oft wur­den sie wäh­rend der Maß­nah­me demo­ti­vier­ter. Das lag vor allem an der Lauf­zeit der Maß­nah­me – zu Beginn der 1990ger Jah­re maxi­mal zwei Jah­re, spä­ter nur noch maxi­mal ein Jahr. Ihnen wur­de wäh­rend der Maß­nah­men klar, dass eine Beschäf­ti­gung im ers­ten Arbeits­markt am Ende sehr unwahr­schein­lich war. Frau­en fühl­ten, dass sie kei­ne wirk­li­che Chan­ce für eine Erwerbs­tä­tig­keit nach der ABM erwar­ben, son­dern Teil der Poli­tik der „geschön­ten Arbeits­lo­sen­sta­tis­tik“ waren.

Licht­bli­cke waren ein­zel­ne Frau­en­pro­jek­te im länd­li­chen Raum zur Erschlie­ßung viel­ge­stal­ti­ger Mög­lich­kei­ten alter­na­ti­ver Erwerbs­ar­beit für Frau­en, ins­be­son­de­re im Bereich Tou­ris­mus, öko­lo­gi­scher Gar­ten­bau, Umwelt- und Natur­schutz sowie im Sozi­al­be­reich z.B. „Umschu­lung von Frau­en zu Land­schafts­gärt­ne­rin­nen mit öko­lo­gi­schem Schwer­punkt“ (Alt­mann, 1994). Die­se wur­den von Ver­ei­nen — häu­fig von Bil­dungs­trä­gern aus den alten Bun­des­län­dern oder der Regi­on — mit Unter­stüt­zung der ver­schie­de­nen Bun­des- und Lan­des­mi­nis­te­ri­en auf ABM-Basis initi­iert. Sel­ten wur­den die­se Pro­jek­te lang­fris­tig unter­stützt und beim Pro­jekt­ma­nage­ment gab es noch sel­te­ner eine wis­sen­schaft­li­che Beglei­tung. Der Erfolg die­ser Vor­ha­ben, die sich z.T. die Schaf­fung von Dau­er­ar­beits­plät­zen zum Ziel gestellt hat­ten, blieb — ange­sichts des dama­li­gen deso­la­ten ers­ten Arbeits­markt — viel­fach aus. ABM wur­den nicht ver­län­gert, För­der­mit­teln nicht wie ver­spro­chen gewährt, Immo­bi­li­en und Land aus dem ehe­ma­li­gen Volks­ei­gen­tum von der Treu­hand zur Grün­dung von neu­en beruf­li­chen Exis­ten­zen für Frau­en­pro­jek­te nicht zur Ver­fü­gung gestellt sowie Gemein­de­ver­tre­tun­gen nicht aktiv wur­den. Nicht zuletzt die immer wie­der neu zuneh­men­de Büro­kra­tie bei der Rea­li­sie­rung der Pro­jek­te führ­ten zum Ver­schleiß akti­ver Pro­jekt­frau­en (Pan­zig, 1994).
Das Ziel, der ers­te Arbeits­markt, wur­de in den meis­ten Fäl­len nicht erreicht (Fielauf, 1994).
Die Vor­sit­zen­de des Lan­des­ver­ban­des der Land­frau­en Meck­len­burg-Vor­pom­merns und Geschäfts­füh­re­rin der Agrar-GmbH Ihlen­feld, Lil­ly Wie­ben­son-Wag­ner, die sich mit der Ver­bands­ar­beit nicht auf die rein sozia­le Schie­ne abschie­ben las­sen woll­te, erklär­te bereits Ende 1991: “Erst wenn die poli­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen stim­men, kön­nen grund­le­gen­de For­de­run­gen über­haupt rea­li­siert wer­den.” Den gut­ge­mein­ten Rat­schlä­gen nach vor­aus­schau­en­der Qua­li­fi­zie­rung stellt sie die Fra­ge nach dem “Wie” und der Rich­tung ent­ge­gen, wenn “nach wie vor kein Wirt­schafts­kon­zept und schon gar nicht für den länd­li­chen Raum vor­liegt, an dem man sich ori­en­tie­ren könn­te”. Lil­ly Wie­ben­sohn-Wag­ner hielt es des­halb im Inter­es­se der Frau­en auch für nötig, dass ihr “Ver­band in der ‘gro­ßen Poli­tik‘ mit­mischt” (Land­frau­en 1992). Aus­druck dafür, dass die­ser Ver­band sich erfolg­reich für Frau­en in den Dör­fern Meck­len­burg-Vor­pom­merns enga­giert, sind die von ihm getra­ge­nen über fünf­zig Frau­en­pro­jek­te mit fast 1000 ABM-Mit­ar­bei­te­rin­nen (Pan­zig, 1994).

3. Neuorientierungen in den 1990er bis 2000

Es gab in der Zeit nach der Wen­de bis 2000 dra­ma­ti­sche Ent­wick­lun­gen in den Dör­fern und Städ­ten Ost­deutsch­lands. Die Ver­un­si­che­run­gen der Men­schen konn­ten weder von den poli­ti­schen Par­tei­en noch von den gesell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen (z.B. Gewerk­schaf­ten) auf­ge­fan­gen wer­den. Am meis­ten betrof­fen waren Frau­en, die in der Land­wirt­schaft der DDR gear­bei­tet hat­ten. Sie ver­lo­ren ihren Arbeits­platz und ihre sozia­len Bezie­hun­gen. Dadurch, dass die Frau­en nach der Wen­de nicht oder wenig orga­ni­siert waren, hat man die „unsicht­ba­ren“ Frau­en ruhig­ge­stellt – durch Vor­ru­he­stands­re­ge­lung, zeit­lich befris­te­te Pro­jek­te oder Arbeits­an­ge­bo­te ande­rer Bran­chen. Es blieb und bleibt die unglei­che mate­ri­el­le Situa­ti­on der Frau­en aus der Land­wirt­schaft der DDR und die Nicht­an­er­ken­nung ihrer Arbeitsleistungen.
Es ent­wi­ckel­te sich ange­sichts der Wahr­neh­mung von indi­vi­du­el­len Chan­cen aus den neu­en Frei­räu­men indi­vi­du­el­le Lebens­sti­le. Es gibt Ende der 90ger Jah­ren immer weni­ger die „Frau in der Land­wirt­schaft“ (Hoff­mann-Alt­mann, 2001). Frau­en leben in länd­li­chen Räu­men und gestal­ten ihre Visio­nen von Erwerbs­ar­beit und sozia­len Bin­dun­gen, die weit über das Dorf hin­aus gehen.
Frau­en in der Land­wirt­schaft muss­ten mehr markt­ori­en­tiert agie­ren. Dazu trug auch die Euro­päi­sche Agrar­po­li­tik bei. Dör­fer in Ost­deutsch­land haben sich ver­än­dert. Die agra­ri­sche Pro­duk­ti­on bie­tet nur noch weni­gen Män­nern und noch weni­ger Frau­en Arbeitsplätze.
Frau Jusi­os (Geschäfts­füh­re­rin der INAB Werk­statt für Frau­en, Ber­lin-Köpe­nick) und Frau Dr. Fielauf (Geschäfts­füh­re­rin der VARIA GmbH) sind zwei Frau­en stell­ver­tre­tend für vie­le, die aus der Lei­tung von Arbeits­för­de­rungs­maß­nah­men her­aus, Chan­cen für Frau­en ent­wi­ckelt haben, die sonst auf dem ers­ten Arbeits­markt nicht mehr ange­kom­men wären.
Frau Dr. Fielauf — muss­te als Geschäfts­füh­re­rin der Arbeits­för­der­ge­sell­schaft VARIA GmbH in Hein­ers­dorf (zwi­schen Mün­che­berg und See­low öst­lich von Ber­lin) immer neue inno­va­ti­ve Pro­jek­te ent­wi­ckeln, um die För­de­rung vom Arbeits­amt zu bekom­men. Sie hat mit vie­len Ideen ver­sucht die Umschu­lung von Frau­en aus der Land­wirt­schaft in neue Bran­chen zu ent­wi­ckeln. Die­se muss­ten oft genug wegen man­geln­den Finan­zie­rungs­zu­sa­gen wie­der auf­ge­ge­ben wer­den. Die Aus­bil­dung für das Recy­cling von Elek­tro­schrott war aber z.B. för­de­rungs­fä­hig und es wur­den Leu­te aus der Varia GmbH nach ihrer Aus­bil­dung von Fir­men über­nom­men. Die Zie­le der Pro­jek­te damit Neu­grün­dun­gen anzu­schie­ben, waren nur theo­re­tisch mög­lich. “Die­se Stra­te­gie der Lan­des­re­gie­rung mit der Arbeits­för­de­rung die Wirt­schafts­ent­wick­lung vor­an­brin­gen zu wol­len, hal­te ich für geschei­tert. Man hät­te dazu eine ande­res Arbeits­för­de­rungs­ge­setz gebraucht, ein Gesetz, das die Kom­pro­miss­fä­hig­keit zwi­schen Beschäf­ti­gungs­stra­te­gie und Wirt­schafts­ent­wick­lung garan­tiert.“ Nach ihrer Ein­schät­zung war die Arbeits­för­de­rung ‑auch durch ABM — eine wich­ti­ge Maß­nah­me, dass sich die Frau­en nicht über­flüs­sig vor­kom­men. Sie hat bereits zu Beginn der 1990ger Jah­re Alter­na­ti­ven im Tou­ris­mus (Zim­mer­ver­mie­tung) und Direkt­ver­mark­tung eige­ner Pro­duk­te gese­hen (Fielauf, 1994).
Frau Jusi­os hat in Ber­lin mit arbeits­lo­sen Frau­en aus ande­ren Bran­chen inner­halb der INAB (Inno­va­tions- und Aus­bil­dungs­be­trieb) eine „Werk­statt für Frau­en“ gegrün­det. Sie war der fes­ten Über­zeu­gung, dass es in dem „Mikro­kli­ma“ einer Frau­en­grup­pe viel bes­ser gelingt, unmög­lich schei­nen­de neue Arbeits­fel­der aus­zu­pro­bie­ren. Ein Teil der Frau­en war im Pro­jekt „Pro Natur und Umwelt“ ange­kom­men. Hier wur­den arbeits­lo­se Frau­en für ein neu­es Arbeits­feld vor­be­rei­tet. Exkur­sio­nen, Unter­richt und prak­ti­sche Tätig­keit rich­te­ten den Focus auf öko­lo­gi­sche Zusam­men­hän­ge in der Natur und einen mög­li­cher­wei­se spä­te­ren Arbeits­platz in der land­schafts­gärt­ne­ri­schen Tätig­keit. Eine ande­re Frau­en­grup­pe lern­te das Schwei­ßen (Kem­na, 1997):
Wei­te­re Bei­spie­le, sind die in den neu­en Bun­des­län­dern häu­fig umge­setz­ten Aus­bil­dun­gen zu Dorf­be­ra­te­rin­nen. Als Trä­ger fun­gier­ten z.B. Land­frau­en­ver­bän­de oder die GGLF (Gewerk­schaft Gar­ten­bau, Land- und Forst­wirt­schaft), die wie­der­um vom MELF unter­stützt wur­den. Auf dem Gebiet des Umwelt­schut­zes wur­den vie­le ABM – Maß­nah­men orga­ni­siert, die beim Neu­auf­bau der Land­schafts­schutz­ge­bie­te mit Tou­ris­mus­op­tio­nen vor allem Frau­en zeit­wei­se einen Arbeits­platz boten. Dar­aus ent­wi­ckel­ten sich eige­ne Ansät­ze für Tou­ris­mus (Netz­wer­ke für Unter­künf­te, Fahr­rad­tou­ris­mus, Tou­ris­mus­in­for­ma­tio­nen in Gemein­den, neue Ver­mark­tungs­stra­te­gen für land­wirt­schaft­li­che Produkte).
Da die Par­ti­zi­pa­ti­on der Betrof­fe­nen in den Umbruch­pro­zes­sen wenig oder nicht rea­li­siert wur­de, waren vie­le Pro­jek­te und Wei­ter­bil­dungs­an­ge­bo­te „eine Brü­cke ohne Stra­ßen­an­schluss“, die den­noch einen per­sön­li­chen Neu­ori­en­tie­rungs­pro­zess ein­ge­lei­tet hat­ten — zwi­schen Zwei­fel und Ver­trau­en auf die Zukunft.

Literatur:

Alt­mann, Uta: Zwi­schen­aus­wer­tung der wis­sen­schaft­li­chen Begleit­un­ter­su­chun­gen zum Modell­ver­such des BIBB „Umschu­lung von Frau­en zu Land­schafts­gärt­ne­rin­nen mit öko­lo­gi­schen Schwer­punkt“, In: 1. Fach­ta­gung „Frau­en in der Länd­li­chen Ent­wick­lung, S. 182–188, 1994

BMFJ Doku­men­ta­ti­on: Mate­ria­li­en zur Frau­en­po­li­tik, Erwerbs­chan­cen für Frau­en aus land­wirt­schaft­li­chen Berufen/ länd­li­chen Regio­nen der neu­en Bun­des­län­der, 19/1992 S.89.

Fielauf, Chris­tel: Vom zwei­ten Arbeits­markt in den Ers­ten?, In: Cou­ra­ge ist weib­lich, MELF Bran­den­burg, 1994

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Hoff­mann-Alt­mann, Uta u.a.: Weib­li­che ®evo­lu­ti­on in den Füh­rungs­eta­gen, Anre­gun­gen und Ideen für eine frau­en­ge­rech­te Fort­bil­dung von Agrar­ma­na­ge­rin­nen in Öster­reich, Ungarn und Deutsch­land, 2001

Kem­na, Julia u.a: Obser­ving and Advi­sing Women Invol­ved in Work Crea­ti­on Pro­grams (ABM) Focu­sed on the Envi­ron­ment in East Ger­ma­ny, In: „What have Women‘s Pro­jects Accom­plished so far?“, S. 309–319, Con­fe­rence 1997

Köppl, Ursu­la: Pro­mo­ti­on of Women in Rural Pro­jects of Bran­den­burg, In: „What have Women‘s Pro­jects Accom­plished so far?“, S.17–30, Con­fe­rence 1997
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¹ Kul­tur- und Sozi­al­fonds (KuS). Der KuS war ein finan­zi­el­ler Fonds staat­li­cher Betrie­be und Insti­tu­tio­nen, der zur Ver­bes­se­rung der Arbeits- und Lebens­be­din­gun­gen der Beschäf­tig­ten und zur Aus­bil­dung einer „sozia­lis­ti­schen Lebens­wei­se“ die­nen soll­te. Er wur­de mit der Ver­ord­nung über die Betriebs­prä­mi­en­fonds sowie den KuS in den volks­ei­ge­nen und ihnen gleich­ge­stell­ten Betrie­ben vom 15.5.1957 ein­ge­führt (Gbl. der DDR 1957, S. 289–292). Nach § 237 AGB vom 12.4.1977 war er ein in Kom­bi­na­ten und Betrie­ben zu bil­den­der zweck­ge­bun­de­ner finan­zi­el­ler Fonds, des­sen Mit­tel zur För­de­rung kul­tu­rel­ler und sport­li­cher Akti­vi­tä­ten im Betrieb sowie zur sozia­len Betreu­ung der Beschäf­tig­ten zu ver­wen­den waren. Die Pla­nung, Bil­dung und Ver­wen­dung des KuS wur­de auf dem Ver­ord­nungs­we­ge gere­gelt. Die Ver­wen­dung der Mit­tel war im BKV ( Betriebs­kol­lek­tiv­ver­trag) zwi­schen Betriebs­lei­tung und BGL ( Betriebs­ge­werk­schafts­lei­tung) zu ver­ein­ba­ren. Die Gel­der wur­den vor allem zur Ver­bes­se­rung der Arbeits­be­din­gun­gen, dar­un­ter auch der Arbei­ter­ver­sor­gung, zur Unter­stüt­zung von Kul­tur­grup­pen, Zir­keln (s. Zir­kel­we­sen) und Inter­es­sen­ge­mein­schaf­ten aus­ge­ge­ben. Mit­tel des KuS kamen auch der gesund­heit­li­chen und Kin­der­be­treu­ung, den betrieb­li­chen Erho­lungs­ein­rich­tun­gen und dem Werks­woh­nungs­we­sen zugu­te. Sie konn­ten zudem für Wei­ter­bil­dungs­maß­nah­men und für die ein­ma­li­ge Unter­stüt­zung von Werks­an­ge­hö­ri­gen ver­wandt werden.

² Arbeits­be­schaf­fungs­maß­nah­men (kurz ABM) waren in Deutsch­land zu Zei­ten hoher Arbeits­lo­sig­keit von der Arbeits­agen­tur bezu­schuss­te Tätig­kei­ten auf dem soge­nann­ten zwei­ten Arbeits­markt, um Arbeits­su­chen­den bei der Wie­der­ein­glie­de­rung in eine Beschäf­ti­gung zu hel­fen oder ein gerin­ges Ein­kom­men zu sichern.
Im Gegen­satz dazu ver­steht man unter Arbeits­be­schaf­fung staat­li­che Inves­ti­tio­nen, die direkt den ers­ten Arbeits­markt ankur­beln. Seit 2012 gibt es kei­ne neu­en Maß­nah­men mehr.
1993 wur­de für die neu­en Län­der ein ABM-ähn­li­ches, neu­es Instru­ment in das AFG ein­ge­fügt (“pro­duk­ti­ve Arbeits­för­de­rung Umwelt Ost” bzw. “Lohn­kos­ten­zu­schüs­se Ost”), das sehr schnell nach sei­ner Ein­ord­nung in die Para­gra­phen­fol­ge als § 249 h — Maß­nah­me bezeich­net wur­de. 1994 wur­de die För­de­rung als § 242s AFG auch auf die alten Län­der aus­ge­dehnt, aller­dings unter ein­engen­den Vor­ga­ben im Hin­blick auf die Maß­nah­me­fel­der, die gebo­te­ne Zusätz­lich­keit der Arbei­ten, die Ziel­grup­pen­auf­la­gen und die För­der­hö­he, sodass die­ses Instru­ment dort kaum an Bedeu­tung gewann. Mit dem Über­gang vom AFG zum SGB III wur­den die Maß­nah­men der pro­duk­ti­ven Arbeits­för­de­rung unter Bei­be­hal­tung der Unter­schied­lich­keit in den för­der­ba­ren Auf­ga­ben­be­rei­chen in West und Ost zu Struk­tur­an­pas­sungs­maß­nah­men (SAM) zusam­men­ge­fasst. ( https://www.bpb.de/themen/arbeit/arbeitsmarktpolitik/317166/beschaeftigung-schaffende-massnahmen/