Soziale Absicherung
Entstehungsgeschichte der Zusatzversorgung für Arbeitnehmer in der privaten Land- und Forstwirtschaft
Bearbeitet von Peter WeidelEin wichtiger Baustein zur sozialen Absicherung der Altersversorgung
Ende der Fünfzigerjahre wurde die Einführung einer sozialen Grundsicherung für landwirtschaftliche Unternehmer durch das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte geschaffen. Aus der damit in Gang gesetzten allgemeinen sozialen Diskussion, aber auch aus der Schaffung von Zusatzversicherungseinrichtungen für Angehörige anderer Berufe ergab sich Handlungsbedarf für die Schaffung vergleichbarer Versorgungseinrichtungen auch für die Arbeitnehmer in der privaten Land- und Forstwirtschaft. Möglichkeiten für die Schaffung eines Altersversorgungsystems waren nur dann denkbar, wenn sie von vornherein alle Arbeitnehmer in der Landwirtschaft einschloss und zugleich die Beteiligung sämtlicher Arbeitgeberbetriebe sicherte. Auf einer solchen, gewissermaßen genossenschaftlichen Grundlage, war eine Regelung eher durchführbar als im Rahmen einzelbetrieblicher Lösungen. Auf dieser Grundlage sind dann bereits in den sechziger Jahren allmählich Gespräche zwischen den Sozialpartnern in Gang gekommen.
Vorbereitungen im Bereich der Sozialpartner
Wesentliche Voraussetzung für die Schaffung einer Zusatzversorgung für die Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft waren die entsprechenden Aktivitäten der land- und forstwirtschaftlichen Sozialpartner. Im Rahmen der Gespräche um ein landwirtschaftliches Sozialwerk wurde zunächst dem Ausbau der gesetzlichen Grundsicherung im Rahmen der Reichsversicherungsordnung der Vorzug vor einer Errichtung betrieblicher Zusatzversicherungen im Tarifvertragswege gegeben. In der Folgezeit wurde insbesondere nach der Beseitigung früher bestehender Härten für land- und forstwirtschaftliche Arbeitnehmer in der gesetzlichen Rentenversicherung die Forderung nach Einführung einer innerbetrieblichen Altersversorgung für landwirtschaftliche Arbeitnehmer wieder aufgenommen und in Gesprächen mit den zuständigen Bundesressorts konkretisiert.
Der Vorstand der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft beschloss am 18. Februar 1971, eine tarifvertragliche Vereinbarung einer überbetrieblichen Zusatzrente ständig beschäftigter Arbeitnehmer anzustreben. Diese Forderung wurde unter anderem damit begründet, dass es aufgrund der allgemeinen agrarpolitischen Situation nicht gelungen sei, den Lohnabstand zwischen Arbeitnehmern in der Landwirtschaft und den Arbeitnehmern anderer vergleichbarer Berufe wirkungsvoll zu verringern. Aufgrund dieser Situation seien Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwarten, deren Höhe unterhalb des Existenzminimums liegen würde. In dieser Situation äußerte sich die Agrarsoziale Gesellschaft (ASG) wie folgt: Zusatzrenten sollten auch an bereits aus dem aktiven Berufsleben ausgeschiedene frühere Arbeitnehmer in der Landwirtschaft gewährt werden. Da insoweit tarifvertragliche Regelungen nicht möglich seien, sollte hierfür der Einsatz öffentlicher Mittel erfolgen. Das gelte umso mehr, als auch hier, wie in anderen Bereichen der agrarsozialen Sicherung der Anteil der Altlast besonders groß sei. Auch für ehemalige landwirtschaftliche Arbeitnehmer aus Grenzbereichen, wie zum Beispiel für so genannte Heuerlinge und Tagelöhner, die nach heutigen sozialversicherungsrechtlichen Normen nicht eindeutig einzugruppieren seien, müssten entsprechende Regelungen getroffen werden.
Die folgenden Gespräche mit den zuständigen Bundesministerien gestalteten sich schwieriger als erwartet, weil zunächst kaum von allen Beteiligten zu akzeptierende Lösungen in Sicht waren. In der Tat erwies sich die Finanzierung der Uralt- und Altlasten als die eigentliche Kernfrage, die es zu lösen galt. Bei der Aufbringung der Mittel musste auch der Strukturwandel in Rechnung gestellt werden, dem die Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft in besonderem Maße unterworfen waren. Zu Beginn der Zusatzversorgung musste also mit einer großen Zahl von älteren früheren land- und forstwirtschaftlichen Arbeitnehmern als Berechtigte gerechnet werden. Ihnen stand eine wesentlich kleiner gewordene Zahl aktiver land- und forstwirtschaftlichen Arbeitnehmer gegenüber, für die von den Arbeitgebern Beiträge zu der Zusatzversorgung zu zahlen waren. Diese Situation war vergleichbar, wie sie auch bei den Landwirten bestand. Für diese Gruppe gab es indessen die geltenden sozialversicherungsrechtlichen Regelungen der Alterskasse für Landwirte. An dieser für Landwirte geschaffenen Rente, beteiligt sich die Allgemeinheit über Bundesmittel insbesondere seit der Neuregelung der Altershilfe für Landwirte in beachtlichem Maße. Das gleiche Argument für die Mitfinanzierung der Altershilfe Landwirte aus Bundesmitteln galt indessen auch für die Arbeitnehmer der Land- und Forstwirtschaft. Nachdem eine finanzielle Beteiligung des Bundes sich abzeichnete, konnten die Verhandlungen mit Aussicht auf Erfolg fortgesetzt werden. Die Grundlage für den Gesamtbereich der Zusatzversorgung sollte ein zwischen den Tarifpartnern abzuschließender Tarifvertrag mit “Allgemeinverbindlicher Erklärung” sein, der zugleich auch die notwendigen Bestimmungen über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung im Sinne des Tarifvertragsgesetzes treffen sollte.
Am 5. September 1974 konstituierten sich in Kassel das Zusatzversorgungswerk (ZLF), und die Zusatzversorgungskasse (ZLA), für Arbeitnehmer in der Land und Forstwirtschaft
Die Rechtsform des ZLF
Was zunächst die Regelung des Tarifvertrages anbelangt, so bedeutete sie rechtlich eine Pflichtversicherung aller Beschäftigten und in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Arbeitnehmer in dem vom fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages erfassten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben. Den Versicherten wird auf diese Weise eine nach der Dauer der Beschäftigung in der Land- und Forstwirtschaft gestaffelte Beihilfe zu den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt, wenn sie die nach dem Tarifvertrag geforderten Voraussetzungen erfüllen. Die Arbeitgeber sind ihrerseits nach dem Tarifvertrag seit dem 1. Juli 1992 verpflichtet einen Beitrag in Höhe von 5,20 € pro Beschäftigten und Monat zu zahlen. Die Rechtsform des ZLF als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien war während der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages umstritten. Zunächst wurde die Rechtsform des eingetragenen Vereins gewählt. Spätestens zum 1. Januar 2001 wurde die Rechtsform des Vereins auf Gegenseitigkeit angenommen, da das Versicherungsaufsichtsrecht nicht die Rechtsform des eingetragenen Vereins zuließ.
Im Gegensatz zum ZLA wird die Rechtsform durch das Gesetz rechtlich bestimmt. Danach ist die ZLA eine bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts. Für sie gelten die üblichen Regeln des Selbstverwaltungsrechts in der Sozialversicherung. Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich zwangsläufig, daß die gewählte Organisationsform ungewöhnlich ist. Sie ist im gesamten deutschen Sozialrecht einmalig.
Zusammenfassung
Die Zusatzversorgung für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft stellt eine Mixtur zwischen überbetrieblicher und genossenschaftlicher Fremdhilfe dar
- sichert den sofortigen Beginn der Zahlung von Ausgleichsleistungen an bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschiedene land- und forstwirtschaftliche Arbeitnehmer ohne Beitragszahlung
- bezieht die im aktiven Erwerbsleben stehenden land- und forstwirtschaftlichen Arbeitnehmer in eine tarifvertragsrechtlich geordnete Pflichtversicherung ein
- sie verbindet in ZLF und ZLA unterschiedliche Rechtsformen des privaten und öffentlichen Rechts miteinander
- ermöglicht trotz Verschiedenartigkeit der Institutionen eine sinnvolle, rationelle und damit Kosten sparende sowie praktikable Verwaltungsdurchführung
- trifft eine genau abgegrenzte Regelung der Aufbringung der Mittel für die ZLA (Bundesmittel) und das ZLF (Beiträge der Arbeitgeber) und
- verbessert durch die Zahlung von Ausgleichsleistungen durch das ZLA und Beihilfen durch das ZLF die Gesamtversorgungsbezüge der Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst und ihrem Übertritt in die Berechtigung.
Leistungen und Beiträge der Zusatzversorgung für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft:
Aus einer monatlichen Beitragsleistung von 5,20 €, die der Arbeitgeber zu tragen hat, kann eine monatliche Leistung von derzeit 80,- € in den alten Bundesländern werden, in den neuen Bundesländer bis zu 70,96 €, sofern die Voraussetzungen für die Ausgleichsleistung und die Beihilfe erfüllt sind.
Quellen: Unterlagen des ZLF — Zusatzversorgungswerkes für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (ZLF (VVaG) ZLA — Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und ForstwirtschaftEigene Unterlagen und Aufzeichnungen als Mitglied der Selbstverwaltung