Agrarpolitik
Das Landwirtschaftsgesetz von 1955 — eine Bewertung aus Sicht der Arbeitnehmer und Gewerkschaft
Bearbeitet von Peter WeidelAm 6. September 1955 trat das Landwirtschaftsgesetz in Kraft. Es war vom Bundestag gegen zwei Stimmen angenommen worden. Aus Sicht der Gewerkschaft war dieses Gesetz ein fauler Kompromiss. Dieses Gesetz zeichnet sich durch eine besondere Kürze aus. Es hat in seinem sachlichen Teil nur sechs Paragraphen, der einleitende Paragraph lautet:
“Um der Landwirtschaft die Teilnahme an der fortschreitenden Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft und um der Bevölkerung die bestmögliche Versorgung mit Nahrungsgütern zu sichern, ist die Landwirtschaft mit den Mitteln der allgemeinen Wirtschafts- und Agrarpolitik, insbesondere der Handels‑, Steuer‑, Kredit- und Preispolitik in den Stand zu versetzen, die für sie die bestehenden naturbedingten und wirtschaftlichen Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen auszugleichen und ihre Produktivität zu steigern. Damit soll gleichzeitig die soziale Lage der in der Landwirtschaft tätigen Menschen an die vergleichbarer Berufsgruppen angeglichen werden.”
Was unter Landwirtschaft zu verstehen ist, wird nicht gesagt. Nur indirekt kann man aus einem späteren Paragraph schließen, dass der Gesetzgeber dabei an Betriebe mit durchschnittlichem Produktionsbedingungen dachte, die durch ordnungsgemäße Führung die wirtschaftliche Existenz einer bäuerlichen Familie nachhaltig gewährleistet. Im Gesetz steht nichts, was die Politik zu Taten verpflichtet, die ihr nicht auch ohne dieses Gesetz möglich wäre. Als positiven Teil ist die Verpflichtung der Bundesregierung hervorzuheben, jährlich einen detaillierten Bericht über die Ertragslage der Landwirtschaft zu geben. Umstritten blieben jedoch von Anfang an die Vorschriften, zusammen mit dem „Grünen Bericht“ zugleich eine Stellungnahme vorzulegen, inwieweit ein den Löhnen vergleichbarer Berufs‑, und Tariftruppen entsprechender Lohn für die fremden und familieneigenen Arbeitskräfte, umgerechnet auf die notwendigen Vollarbeitskräfte erzielt wurde. Um die eindeutige Deutung dieses Begriffs drückte sich der Gesetzgeber herum, obwohl in folgenden Kommentaren deutlich gesagt wird, dass die Bundesregierung zum effektiven Ausgleich eines sich aus dem „Grünen Bericht“ ergebenden Einkommensrückstandes nicht verpflichtet sei, behauptete der Deutsche Bauernverband das strikte Gegenteil.
Einkommenssicherung für Unternehmer
In einer Entschließung vom September 1955 sprach er vom Befehl des Landwirtschaftsgesetzes zum Ausgleich von landwirtschaftlichen Einkommensrückständen und rechnete alljährlich einer erstaunten Öffentlichkeit eine so genannte Einkommensparität vor, auf deren Erstattung aus Bundesmitteln die Landwirtschaft aufgrund des Landwirtschaftsgesetzes einen Rechtsanspruch habe. Insbesondere von der Bundesregierung wurde eindeutig klargestellt, dass es in unserer Gesellschaftsordnung für keinen Berufsstand eine automatische Einkommenssicherung geben könne. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass Einkommensvergleiche aus grundsätzlichen Erwägungen sehr problematisch sind. Mit Bedacht hat daher selbst die Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft ihre lohnpolitischen Forderungen der Landarbeiter in der Regel auch niemals grundsätzlich mit Vergleichslöhnen des grünen Berichtes gekoppelt. Sie hat sich nur daran orientiert. Als Sofortmaßnahme wurde bereits 1954 die Angleichung der Löhne an die vergleichbarer Industriezweige gefordert. Die endgültige Einordnung des Agrarlohnes in das gesamte Lohngefüge sollte sich im Zuge der technisch-betriebswirtschaftlichen Umwälzung unter Berücksichtigung der besonderen Arbeitssituationen ergeben. Festzustellen ist, dass sich seit dem Inkrafttreten des Landwirtschaftsgesetzes die staatlichen Leistungen für die Landwirtschaft beträchtlich erhöht haben. So gab es beispielweise direkte Subventionen für landwirtschaftliche Erzeuger, mit der Gießkanne gleicherweise über kleine, mittlere und größere Betriebe ausgestreut. Damit wurde auch der notwendige Prozess der Umstrukturierung, der Prozess der Strukturgesundung entscheidend abgebremst.
Quelle: Schmalz, Helmut: Agrarpolitik ohne Scheuklappen