Agrarpolitik
Bodenreform in Ostdeutschland und weitere Entwicklung
Bearbeitet von Christian KochEntschädigungslose Enteignung
In den Jahren 1945 bis 1949 vollzog sich in der sowjetischen Besatzungszone bzw. späteren DDR die demokratische Bodenreform, wobei sämtliche Betriebe mit mehr als 100 ha Betriebsfläche, einschließlich des gesamten Inventars und sämtliche Betriebe auch unter 100 ha, deren Eigentümer als aktive Vertreter der NSDAP bzw. Kriegsschuldige oder Kriegsverbrecher eingestuft wurden, entschädigungslos enteignet wurden.
Grundeigentum der Kirchen nicht angetastet
Die Durchführung der Bodenreform erfolgte unter Anleitung der Länderverwaltungen. Das Grundeigentum der Kirchen wurde von der Bodenreform nicht betroffen. Die enteigneten Flächen wurden überwiegend ehemaligen Landarbeitern, landarmen Bauern, Umsiedlern und Flüchtlingen zur Bewirtschaftung übergeben. Für die Menschen damals schnitt das Ereignis tief ins Leben: Es erlaubte die wirtschaftliche Fortexistenz hunderttausender Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten und es revolutionierte die bäuerlichen Produktionsbedingungen in Deutschland ostwärts der Elbe. Die Zeit der großen Landbesitzer war vorüber.
Quelle: „Junkerland in Bauernhand“/MDR.de,LexiTVIn dem Dokument „Zur Landwirtschaft der DDR und Beschreibung des volkseigenen Gutes „Thomas Müntzer“ in Memleben sowie der Kooperation Pflanzen- und Tierproduktion „Unstrut Tal“ Memleben“ ist u.a. zu lesen: „ Demokratische Bodenreformen in damaligen Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen sowie zwei preußischen Provinzen Brandenburg und Sachsen der sowjetischen Besatzungszone 1945:
- Zerschlagung des junkerlichen Großgrundbesitzes und Enteignung der Naziaktivisten und Kriegsverbrecher
- Schaffung des volkseigenen Bodenfonds von 3,3 Mill. ha
- Landvergabe an 1,3 Mill. neuer Eigentümer, darunter 90.000 Umsiedler, 210.276 Neubauernwirtschaften mit einer durchschnittlichen Größe von 8,1 ha, viele Kleinstbetriebsbetreiber mit durchschnittlich 3,3 ha sowie Arbeiter, Angestellte und Handwerker in Stadt und Land, Kleinstzuteilungen 0,25 bis 1,0 ha
- Bildung von 532 Provinzial- bzw. Landesgüter als Vorstufe der später volkseigenen Güter (VEG), darunter Lehr- und Versuchsgüter der Landwirtschaftlichen Fakultäten Greifswald, Halle, Jena, Leipzig und Rostock.“
Weiter :
„ Ab 1945/46 Neuorganisation der gesamten Agrarstruktur:
- Abschaffung der totalen Pflichtablieferung und Schaffung eines differenzierten Systems der Ablieferung und des freien Aufkaufs
- Schrittweise Einführung der Planwirtschaft
- Bildung der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) als Massenorganisation der Bauern, zunächst auch Hilfsorganisation der Bauern
- Schrittweiser Aufbau volkseigener Erfassungs- und Aufkaufbetriebe
- Bildung der volkseigenen Maschinen- und Ausleihstationen (MAS), später Umbenennung in Maschinen-Traktorenstationen (MTS)
- Schaffung der volkseigenen Güter (VEG) sowie ihrer Gebiets- und Fachvereinigungen (1949)
- 1951 Gründung der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin (DAL) und ihrer Institute
- 1952 Bildung der staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe (STFB) auf der Grundlage der vorangegangenen Kreisforstämter“
“Verordnete Bodenreform”
Die Verwaltung der Provinz Sachsen beschloss bereits am 3. September 1945 die Verordnung über die Bodenreform, die von den anderen Ländern der sowjetischen Besatzungszone bis zum 11. September 1945 fast gleichlautend übernommen wurde.
Die sowjetische Militäradministration (SMAD) nahm mit Hilfe der KPD die Umsetzung der Bodenreform fest in die Hand und kontrollierte die in den Gemeinden eingesetzten Kommissionen. Die Einstufung als Kriegsverbrecher oder aktiver Nationalsozialist unterlag in keiner Weise einer gerichtlichen Kontrolle und es kam zu einer „verordneten“ Bodenreform.
In einem „kleinen Beitrag zur Dorfgeschichte von Buro und Klieken”, S. 7 wird die praktische Durchführung beschrieben:
„In den Gemeinden wurden bis zum 15. September Gemeindebodenkommissionen, die aus fünf bis sieben Personen zu bestehen hatten, installiert. Sie setzten sich aus Landarbeitern, landarmen Bauern unter 5 ha und am Ort wohnenden Umsiedlern zusammen. Das zu verteilende Land sollte nicht über 5 ha betragen, nur bei schlechter Bodenqualität 8 ha. Die neu eingerichteten Wirtschaften waren schuldenfrei. Sie durften jedoch nicht verkauft, verpachtet oder verpfändet werden. Die Maschinen der enteigneten Betriebe erhielten „Komitees der gegenseitigen Bauernhilfe“ zur gemeinsamen Nutzung […] Die staatliche Domäne in Buro umfasste 644 ha. Der Domänenboden wurde an Landlose, Umsiedler und Einheimische verteilt. Insgesamt wurden hier in Buro 39 Neubauernstellen geschaffen, 15 Neubauernhöfe wurden neu gebaut. Die Verteilung war bereits Mitte November abgeschlossen. Auch verschiedene Kleinstbauern wurden in ihrem Besitz „aufgestockt“. Die Vermessungen dauerten bis zum Februar 1946 an.
Die Bodenkommission in Klieken wurde in den ersten Septembertagen 1945 gebildet und hatte ihre erste Sitzung am 19. September. 68 Familien, vorwiegend kinderreiche Flüchtlingsfamilien, meldeten sich, um Land zu erhalten.“
Quelle: https://buro-klieken.de/DG/DG7.htmWeiter heißt es dort: “Die Besonderheit von Klieken bestand darin, dass es keine Bauern gab. Nur Landarbeiter, Mägde und Knechte, die völlig von den Herrschaften der beiden Güter abhängig waren, fristeten ein armseliges Dasein. Klieken zählte zu den ärmsten Dörfern in Sachsen-Anhalt und war bis zum Ende des II. Weltkrieges der Inbegriff für „das Ende der Welt“. Holprige Straßen mit niedrigen Katen aus Lehm, Holz, Schilf und Stroh und ohne jeglichen Komfort kennzeichneten über Jahrhunderte das Straßenbild des Gutsdorfes. Eine Zählung der Einwohner im Sommer 1945 ergab 345 Kliekener. Ganze 6 Bürger besaßen ein Privathaus. Außerdem existierten zwei Gaststätten, eine Schmiede und eine Bäckerei […] Nach einem Bericht vom 23. Juni 1946 geht hervor, dass zu diesem Zeitpunkt die Enteignung beider Güter abgeschlossen war. Der Anfang für die Neubauern war auch in Klieken sehr schwer. Das Dorf zählte jetzt bereits 625 Personen, von denen 257 Umsiedler waren […] In Klieken und Buro wurden so insgesamt mehr als 2.000 ha Grund und Boden mit dem dazugehörigen Wohnhäusern, Stallungen, Geräten und Vieh enteignet.
Das „Gutshaus“ in Buro wurde abgerissen und aus den gewonnen Baumaterialien entstanden sogenannte „Neubauernwirtschaften“. Für die Neubauern bestand das größte Problem in der Bespannung von Fuhrwerken und der Bereitstellung von Landmaschinen. Ersatzteile fehlten und neue Maschinen gab es praktisch nicht. Um diese Misere zu lindern, wurde 1947 in Klieken der Maschinenhof der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) eingerichtet. 1949 wurde dort eine Maschinenausleihstation (MAS) gegründet. Aus der MAS ging dann 1955 die Maschinen-Traktoren-Station (MTS) hervor, aus der sich dann der Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL) entwickelte. Von Anfang an waren die Maschinenhöfe der VdgB, der MAS und später die MTS eine entscheidende Hilfe für die Bauern und hier insbesondere für die Neubauern, die nur über wenig oder gar keine Landtechnik verfügten.“
Quelle: https://buro-klieken.de/DG/DG7.htmUrkunde Bodenreform über die Zuteilung einer Landzulage; Verordnung zur Bodenreform und schuldenfreies Grundstück
Quelle: Agrarmuseum Osterburg
Weitere Entwicklung in der Landwirtschaft der DDR
„In dem Zeitraum des Übergangs zu Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG: siehe Abschnitt „Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften…..“) wurde im Interesse einer weiteren Kooperation sowie vertieften Arbeitsteilung im Vorleistungsbereich besonders an geeigneten Knotengüterbahnhöfen Dienstleistungsbetriebe in Form der Agrochemischen Zentren (ACZ) als zwischenbetriebliche Einrichtungen der LPG, VEG, GPG und BHG (Bäuerliche Handelsgenossenschaften, vormals Raiffeisengenossenschaften) eingerichtet, in denen zuerst der Umschlag und die Lagerung der Düngemittel erfolgte.
Später übernahmen diese auch die fachgerechte Lagerung anderer Agrochemikalien für Pflanzenschutz u.a. sowie deren Transport und Ausbringung mit LKW und anderen selbstfahrenden Umschlaggeräten.
Übergang zu industriemäßigen Produktionsmethoden
Später hatten die ACZ auch die Verantwortung für die Organisation und Disposition des Einsatzes der Agrarflugzeuge, die sie mit Charterverträgen vom VEB Interflug in ihren Hallen auf den Agrarflugplätzen stationierten.“
Quelle: Aus „Beiträge der Betriebs- und Arbeitswirtschaftlichen Forschung in Sachsen zur Entwicklung der Landwirtschaft im 20. Jahrhundert“, Leipziger Universitätsverlag, S. 154/155Trennung von Tier- und Pflanzenproduktion
„Generell war der dritte Abschnitt der Entwicklung der Agrarpolitik in der DDR ab 1967 durch den schrittweisen Übergang zu industriemäßigen Produktionsmethoden bei gleichzeitiger Konzentration der Produktion und Spezialisierung der Betriebe auf dem Wege der Kooperation gekennzeichnet.
Es kam zum Aufbau von Kooperativen Abteilungen Pflanzenproduktion (KAP), die sich als Übergang zu spezialisierten LPG und VEG der Pflanzenproduktion verstanden. Es vollzog sich eine Trennung der Betriebe nach Pflanzenproduktion und Tierproduktion.“
Quelle: „Zur Landwirtschaft der DDR und Beschreibung des volkseignen Gutes „Thomas Müntzer“, Memleben sowie der Kooperation Pflanzen- und Tierproduktion „Unstrut Tal“ Memleben“, S. 2Modernste Technik sollte zur Intensivierung der Produktion beitragen. Ein solcher Flugzeugeinsatz ist in der Chronik des KfL Oschersleben auf S. 27 dokumentiert.
Quelle: Aus „Chronik KfL Oschersleben 1949–1989“, 2. ergänzte Auflage erarbeitet 1987–1989„Durch den schrittweisen Übergang zur industriemäßigen Produktion in der Landwirtschaft sollte gewährleistet werden, dass Handarbeit durch Maschinenarbeit gänzlich ersetzt wird.
Die wesentlichen Unterschiede in den Arbeits- und Lebensbedingungen zwischen Stadt- und Landbevölkerung sollten endgültig beseitigt werden.
Durch die Organisation der zwischenbetrieblichen Einrichtungen waren z.B. auch Maler, Schlosser und Elektriker in Dienstleistungsfunktionen tätig. Dies hatte sich vor allem aus der neugestalteten Arbeitsorganisation ergeben, wie z.B. Schichtdienst, geregelte Arbeits- und Urlaubszeiten und Einbeziehung der Frauen in die landwirtschaftlichen Produktionsabläufe.
Das machte wiederum eine Versorgung mit nichtlandwirtschaftlichen Dienstleistungen notwendig. Diese, wie z.B. medizinische Versorgung, Kinderbetreuung und Kultureinrichtungen konnten so auch von der Dorfbevölkerung genutzt werden.“
Quelle: Aus „Entwicklung der Landwirtschaft in der DDR und in den neuen Bundesländern“ https://www.referate10.com/referate/geographie/20/Die Entwicklung der LandwirtschaftKorrektur der Trennung von Tier- und Pflanzenproduktion
„Auf dem „Deutschen Bauernkongress“ in Berlin 1982 wurde die „Wiederherstellung der organischen Einheit von Pflanzen- und Tierproduktion“ gefordert….
Dies hatte zur Folge, dass in den folgenden Jahren die Spezialisierung und Industrialisierung der Agrarwirtschaft wieder eingeschränkt wurde.“
Quelle: Aus „Entwicklung der Landwirtschaft in der DDR und in den neuen Bundesländern“ https://www.referate10.com/referate/geografhie/20/Die Entwicklung der LandwirtschaftSozialistischer Wettbewerb, Betriebskollektivvertrag, Kultur- und Sozialfonds, Prämienfonds
Den sozialistischen Wettbewerb unter den Arbeitskollektiven organisierte hauptverantwortlich der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund mit seinen Industriegewerkschaften und Gewerkschaften. Es ging um höhere Arbeitsleistungen und bessere Produktionsergebnisse bei der Erfüllung der den Betrieben gestellten Volkswirtschaftspläne.
„Den Prämissen des Marxismus/Leninismus folgend galt der sozialistische Wettbewerb als wichtigste Form der schöpferischen Masseninitiative und der betrieblichen Mitwirkung der Beschäftigten. In ihnen sollte das von gegenseitiger Hilfe und Zusammenarbeit geprägte Wetteifern der Werktätigen Miteigentümer an den vergesellschafteten Produktionsmitteln um die nur gemeinsam zu erreichenden immer höheren volkswirtschaftlichen Leistungen zum Ausdruck kommen; er stellte somit quasi das funktionale Gegenstück zur marktwirtschaftlichen Konkurrenz dar, die auf dem Prinzip des menschlichen Egoismus beruht. Im sozialistischen Wettbewerb dagegen sollte sich die politisch- ideologische Überzeugung mit der materillen Interessiertheit der Beschäftigten verknüpfen, um so zu einer hohen Arbeitsmobilisierung im gesamtgesellschaftlichen Nutzen beizutragen.“
Quelle: FDGB-Lexikon, Berlin 2009; library.fes.de/FDGB-lexikon/texte/sachteil/s/Sozialistischer_Wettbewerb.htmlGrundprinzipien
Vier Grundprinzipien galt es bei der Organisation und Durchführung des sozialistischen Wettbewerbes einzuhalten:
- Prinzip der Öffentlichkeit
- Prinzip der Vergleichbarkeit der Leistung
- Prinzip der Wiederholung der besten Leistungen
- Prinzip der materiellen und moralischen Stimulierung und Anerkennung hoher Leistungen
Bereits im Gesetz der Arbeit (AGB) im Jahre 1950 waren die rechtlichen Grundlagen des Wettbewerbs festgelegt und stellten seither einen festen Bestandteil des Arbeitsrechtes dar.
Die Kernaufgaben des Wettbewerbs waren:
- Steigerung der Arbeitsproduktivität
- Senkung der Selbstkosten
- Verbesserung der Qualität
- Durchsetzung von Möglichkeiten der Rationalisierung und Intensivierung durch wissenschaftlich-technischen Fortschritt
- Verbesserung der allgemeinen Arbeits- und Lebensbedingungen
Zu den vielfältigen Formen der Wettbewerbsführung gehörten die Aktivistenbewegung, die Neurerbewegung sowie die „Brigaden der sozialistischen Arbeit“. Der Wettbewerb wurde sowohl zwischen den Betrieben als auch zwischen den einzelnen Berufsgruppen geführt. So wurden die Leistungen z.B. der Melkerkollektive, Tierzüchter, Traktoristen usw. gewertet und entsprechend der erreichten Ergebnisse gewürdigt.
Ehrenwimpel zur Auszeichnung im Wettbewerb
Quelle: Archiv des Bezirksvorstandes der Gewerkschaft Land, Nahrungsgüter und Forst, Magdeburg
Einfluss der SED
Der Einfluss der jeweiligen Parteileitungen auf Betriebs‑, Kreis- und Bezirksebene auf die Wettbewerbsführung wird am folgenden Beispiel aufgezeigt:
„Im Kreis Haldensleben erlebte der Wettbewerb ab Mitte der 50er Jahre eine zuvor nicht gekannte Ausweitung. Sämtliche MTS, VEG, LPG sowie eine größere Zahl von Gemeinden und werktätige Einzelbauern erklärten ihre Teilnahme. Zumeist allerdings nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Initiative der KL (Kreisleitung der SED) hin. Hieran wird ein Grundproblem des Führungsstils der Parteiführung deutlich: Misstrauen gegen alles Spontane und Führung des Wettbewerbs von oben nach unten statt umgekehrt. Das galt gleichfalls für die Industrie.
Um die Bestellarbeiten im Kreis Haldensleben so zeitig wie möglich abzuschließen, rief die Gemeinde Calvörde die umliegenden Gemeinden und die dort ansässigen LPG im Frühjahr 1956 zum Wettbewerb auf. Nach der Veröffentlichung des Aufrufs in der Presse schlossen sich alle Gemeinden und LPG der Bewegung an. Die Beteiligung blieb unterschiedlich. Im Gegensatz zu den Gemeinden Walbeck und Wedringen, die angeblich eine gute, jedoch nicht bezifferte Beteiligung am Wettstreit aufwiesen, lag sie in Bregenstedt und Everingen unter 10 %. Folgende Kriterien lagen dem Wettbewerb zugrunde:
- Durchführung der Frühjahrsbestellung nach dem Fließsystem zu den agrotechnisch günstigsten Terminen;
- Anwendung von Neuerermethoden prozentual zur Gesamtanbaufläche;
- Bildung von Ständigen AG und Abschluss von Sammelarbeitsverträgen mit diesen.
Der Wettbewerb sollte täglich ausgewertet, aber nicht formal geführt werden. Mit der Popularisierung der besten Ergebnisse in der Lokalpresse glaubten die KL und die Abteilung Landwirtschaft weitere Wettbewerbsaktivitäten auslösen zu können.
Wie aus einem Bericht der Abteilung Landwirtschaft vom Sommer 1956 hervorgeht, sei es den LPG durch verbesserte Zusammenarbeit mit den staatlichen Organe gelungen, gute, aber im Detail nicht näher definierte Wettbewerbsergebnisse zu erzielen. […]
Der Wettbewerb der MTS kam im Jahre 1956 von Station zu Station, Brigade zu Brigade und Traktorist zum Traktorist zur Austragung. Während der Erntearbeiten des Sommers 1956 fand er keine Fortsetzung in seiner bisherigen Form. Im Gegensatz zu den Vormonaten unterblieben die öffentliche Auswertung sowie die Übermittlung der Ergebnisse an die Presse. Im Sommer und Herbst 1956 beteiligten sich alle MTS und VEG des Kreises am Wettbewerb zur raschen Bergung der Halm- und Hackfruchternte. Unter Abgabe persönlicher Verpflichtungen nahmen sämtliche Mähdrescherbesatzungen der MTS und VEG am Wettbewerb auf Bezirksebene teil, der unter dem Motto „Wer wird Träger des gelben und blauen Trikots“ in drei Etappen zur Austragung gelangte. […]
Am Wettbewerb des Jahres 1956 beteiligten sich nach beständiger Agitation durch Instrukteurbrigaden der KL und der Abteilung Landwirtschaft 61 % der werktätigen Einzelbauern. […]
Die Wettbewerbe in der Landwirtschaft des Kreises Haldensleben krankten an verschiedenen Mängeln, einheitliche Kriterien blieben anfänglich die Ausnahme. Nach Ansicht des Büros der KL fehlte die eindeutige Forderung nach Erfüllung der staatlichen Pläne. Es empfahl, statt „Geredes über Verpflichtungen für den Wettbewerb sollte man einen richtigen materiellen Anreiz schaffen, um das Interesse dafür zu erwecken.“ Das Büro der SED-KL forderte: „Nicht das Ausfüllen der Wettbewerbshefte sollte dabei entscheidend sein, sondern die Produktionsleistung.“ Jeder Bauer müsse stets wissen, wo er im Wettbewerb und der pro-Hektar-Leistung stehe. Zur Gewährleistung dessen sei es erforderlich, an gut sichtbarer Stelle Leistungstafeln anzubringen. […]“
Quelle: „Die Herausbildung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften der DDR, dargestellt an der Entwicklung des Kreises Wanzleben, Bezirk Magdeburg (1952–1960)“, Dissertation, eingereicht 09. Februar 1999 von Diplomhistoriker Wolfgang Mahlich, an der Landwirtschaftlich-gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin; https://edoc.hu-berlin.de/dissertationen/mahlich-wolfgang-1999–06-25/PDF/Mahlich.pdfUlbricht und Stoph an Werktätige der VEG’n und Mastanstalten
In einem Brief des ersten Sekretärs des Zentralkomitees der SED, Walter Ulbricht und des ersten Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrates, Willi Stoph am 02. Januar 1963, wandte sich die Partei- und Staatsführung an alle Werktätigen der Volkseigenen Güter und Mastanstalten mit Hinweisen zur Führung des sozialistischen Wettbewerbes.
Hierbei wird besonders darauf aufmerksam gemacht, dass „[…] man den sozialistischen Wettbewerb nicht komplizieren darf. Seine Grundregel ist, dass alle Werktätigen der VEG und der Mastanstalten den Plan und ihren eigenen Anteil daran erkennen, dass sie ständig Gelegenheit haben zu überprüfen, wie der Betriebsplan durch sie selbst und durch alle Werktätigen ihrer Betriebe erfüllt wird. […]
Ein wichtiger Hebel für die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion ist der materielle Anreiz. Jetzt gilt es, alle Arbeiter, Spezialisten, Brigadiere in der Feld- und Viehwirtschaft, und die leitenden Wirtschaftskader der VEG an der Erhöhung der Produktion materiell zu interessieren.
Wer viel Milch, Fleisch und Eier produziert, soll hohe Prämien erhalten. […]!“
Quelle: Brief des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik an alle Werktätigen der volkseigenen Güter und Mastanstalten vom 02. Januar 1963
Bedeutung der BKV
Der Betriebskollektivvertrag (BKV) spielte zur Festlegung der Verpflichtungen bei der Erfüllung der Betriebspläne und bei der Gestaltung der Arbeits- und Lebensbedingungen eine entscheidende Rolle. Er wurde alljährlich zwischen der Betriebsleitung und der Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) als gesetzlicher Vertreter des Betriebskollektivs aller Werktätigen abgeschlossen.
Anders als bei den Betriebsvereinbarungen in der Bundesrepublik Deutschland, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz auf der Basis von Tarifautonomie abgeschlossen werden, war die Gestaltungsfreiheit der vertragsschließenden Parteien im Falle der Betriebskollektivverträge durch staatliche Planauflagen und vor allem durch die staatlich sanktionierten Rahmenkollektivverträge (RKV) für die einzelnen Branchen — so z.B. für die Lohnpolitik — stark eingeschränkt.
Rahmenkollektivverträge
So schrieb der Rahmenkollektivvertrag (RKV) über die Arbeits- und Lohnbedingungen der Werktätigen der Volkseigenen Güter (VEG) vom 23. Dezember 1964 unter IV. „Lohnformen Feldwirtschaft“ folgende Entlohnungen und Einstufungen vor (Auszug):
Quelle: Privateigentum Familie Müller / BretschFür den FDGB und seine Industriegewerkschaften und Gewerkschaften sollte der BKV im Wesentlichen ein Instrument zur Mobilisierung im Rahmen des sozialistischen Wettbewerbs darstellen. Neben den Verpflichtungen zur Planerfüllung enthielten die BKV auch einige lohnrechtliche Bestimmungen, die aus den Rahmenkollektivverträgen abgeleitet waren (z.B. Eingruppierungsfragen). In der Broschüre „Auskünfte zum BKV“, herausgegeben vom Verlag Tribüne Berlin 1986 wird der BKV „[…] als ein wichtiges Instrument der sozialistischen Demokratie, der Gewerkschaftsarbeit und der staatlichen Leitungstätigkeit bezeichnet, das die unmittelbare Teilnahme der Werktätigen an der Leitung und Planung des Betriebes sichert. […]“
Quelle: Auskünfte zum BKV, Heinz Sellheier, Verlag Tribüne Berlin 1986, Seite 5Inhaltliche Schwerpunkte der BKV
Im gleichen Dokument sind acht inhaltliche Schwerpunkte des BKV aufgeführt:
- „Die Entwicklung und Förderung der schöpferischen Initiative der Werktätigen
- Die Durchsetzung des sozialistischen Leistungsprinzips bei Lohn und Prämie
- Die Verbesserung der materiellen Arbeitsbedingungen der Werktätigen und des Inhalts der Arbeit
- Die Sicherung und Entwicklung der gesundheitlichen und sozialen Betreuung der Werktätigen
- Die Förderung der allseitigen Bildung der Werktätigen
- Die Entwicklung des geistig-kulturellen und sportlichen Lebens
- Der Frauenförderungsplan
- Die Verwendung der Mittel des Kultur- und Sozialfonds sowie des Leistungsfonds zur Entwicklung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen […]
Alle längerfristig geltenden Regelungen zu den einzelnen Komplexen sind in der Anlage zum BKV aufzunehmen. Bei der Gestaltung der Anlage ist darauf zu achten, dass die Liste über den arbeitsbedingten Zusatzurlaub gemäß § 191 AGB und die Liste über die Erschwerniszuschläge nach § 112 AGB unbedingt dort hineingehören.“
Quelle: Auskünfte zum BKV, Heinz Sellheier, Verlag Tribüne Berlin 1986, S.17Sozialpolitik in Betrieben
Die umfangreiche soziale Komponente in den Betriebskollektivverträgen wird u.a. dadurch deutlich, dass unter dem Schwerpunkt „Sicherung und Entwicklung der gesundheitlichen und sozialen Betreuung der Werktätigen“ Maßnahmen zur Gesundheitsaufklärung und ‑erziehung sowie zur Werbung von beitrittsberechtigten Werktätigen für die Freiwillige Zusatzrentenversicherung, Aufgaben zur Vervollkommnung der Kinderbetreuung in Kinderkrippen und Kindergärten, Maßnahmen zur Erhöhung des Niveaus, zur Erweiterung der Plätze, zur Teilnahme und vollen Auslastung der betrieblichen Kinderferienlager, Ziele zur Erhaltung und Verbesserung der Wohnbedingungen der Werktätigen, insbesondere in den werkseigenen Wohnungen, Arbeiterwohnheimen und Unterkünften sowie die differenzierte materielle und finanzielle Unterstützung von Werktätigen zur Verbesserung ihres Wohnverhältnisses z.B. beim Um- und Ausbau von Wohnungen enthalten sind.
Weiterhin sind klare Aufgaben aufzunehmen zur Erhaltung und zum Ausbau der vorhandenen Erholungseinrichtungen und zur Vergabe und effektiven Auslastung der Plätze sowie zur Verbesserung der Urlauberbetreuung und über die Preise und Zuschüsse für einen Ferienplatz in betrieblichen Erholungseinrichtungen.
Es sind Festlegungen zur Förderung der allseitigen Bildung der Werktätigen und Verpflichtungen zur zielgerichteten Erwachsenenbildung sowie zur beruflichen Weiterbildung und zur Gewinnung junger Facharbeiter für ein Studium an Hoch- und Fachschulen zu vereinbaren.
Im Rahmen der Aufgaben zur Entwicklung des geistig-kulturellen und sportlichen Lebens geht es u.a. um Förderung des künstlerischen Volksschaffens, um die Vertiefung der Zusammenarbeit der Arbeiterkollektive und Künstlern, Vergabe von Aufträgen für neue Kunstwerke und die Förderung der Kunstdiskussion sowie die Gewährleistung der Förderung des Freizeit- und Erholungssports und des Kinder und Jugendsports.
Quelle: „Mehrzweckeinrichtung Altenweddingen“, Heimatstube SchwanebergFrauenförderungsplan
Im Frauenförderungsplan sind Maßnahmen verankert, die die Mitwirkung der Frauen an der Leitung und Planung des Betriebes sichern sollen und die die zielgerichtete Förderung der politischen Bildung und beruflichen Aus- und Weiterbildung sowie ihres qualifikationsgerechten Einsatzes dienen. Weitere Aufgaben sind festgelegt zur Ausgestaltung der gesundheitlichen Betreuung der Frauen und Mütter, insbesondere durch prophylaktische Maßnahmen, gynäkologische Reihenuntersuchungen sowie vorrangige Vergabe von Kuren an Mütter mehrerer Kinder und zur sozialen Betreuung der Frauen während des Schwangerschaft- und Wochenurlaubs sowie die währen der gesetzlich geregelten Freistellung nach dem Wochenurlaub.
Im Betriebskollektivvertrag des VEG (Z) Tierzucht Bretsch/Priemern sind Verpflichtungen des Direktors und der Betriebsgewerkschaftsleitung enthalten, die den berufstätigen Müttern garantieren, dass ihre Kinder in einen Kindergarten bzw. einer Kinderkrippe untergebracht werden. Weiterhin wird sieben Kolleginnen aus den Bereichen der Rinderzucht, der Schweinezucht und des technischen Personals die Möglichkeit zur Qualifizierung zum Facharbeiter für Rinderzucht gewährleistet. In Absprache mit der Wäscherei in Osterburg wird im Betrieb eine zentrale Annahmestelle eingerichtet, um den Frauen die Möglichkeit zu geben, auf bequemstem Wege ihre Wäsche gewaschen und schrankfertig wieder zurück zu erhalten.
Quelle: BKV 1971 des VEG (Z) Tierzucht Bretsch/Priemern, S. 3 des FrauenförderungsplanesKultur- und Sozialfonds
Der Kultur- und Sozialfonds (K‑u-S-Fonds) diente der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen. Er wurde mit der Verordnung über den betrieblichen Prämienfonds sowie den KuS-Fonds 1957 eingeführt. Nach § 237 AGB vom 12. April 1977 war es ein zweckgebundener finanzieller Fonds, dessen Mittel zur Förderung kultureller und sportlicher Aktivitäten im Betrieb sowie der sozialen Betreuung der Beschäftigten zu verwenden waren.
U.a. wurden hier Verpflichtungen für soziale, kulturelle und sportliche Einrichtungen, Zuschüsse für die Arbeits- und Lebensbedingungen im Betrieb (finanzielle Unterstützung für die Arbeiterversorgung, die gesundheitliche und soziale Betreuung sowie zur Förderung des geistig-kulturellen und sportlichen Lebens) sowie Limits für Speisen und Getränke bei betrieblichen Veranstaltungen detailliert aufzuschlüsseln. Weiterhin wurde er verwand für die betrieblichen Einrichtungen der Berufsbildung.
Verwendung des K‑u-S-Fonds
Im Betriebskollektivvertrag des VEG (Z) Tierzucht Bretsch/Priemern vom Jahre 1971 ist unter Punkt 5 die „Verwendung des Kultur- und Sozialfonds“ enthalten. Hierin werden Festlegungen für den Besuch erkrankter Kolleginnen und Kollegen (Betrag von ca. 15,00 Mark) und für die Überreichung eines Präsentkorbes zu runden Geburtstagen von 50,00 Mark bis 85,00 Mark festgeschrieben. Kinder der Belegschaft, die zum Haushalt gehören, haben bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres einen Geschenkgutschein im Werte von 15,00 Mark zur Weihnachtsfeier erhalten und Kinder, die die Jugendweihe begehen, erhielten ein Blumenpräsent von 25,00 Mark. Bei sozialistischen Eheschließungen und Trauungen werden Geschenke im Werte von 100,00 Mark überreicht. Zur Silbernen Hochzeit und zur Goldenen Hochzeit erhalten die betreffenden Kollegen 100,00 Mark. Zur Ausgestaltung der traditionellen Erntekrone und des Erntefestes werden 6.500,00 Mark zur Verfügung gestellt und zum 25-jährigen Betriebsjubiläum werden 75,00 Mark und alle weiteren fünf Jahre wird ein Präsent im Werte von 175,00 Mark überreicht.
Quelle: Betriebskollektivvertrag 1971 des VEG (Z) Tierzucht Bretsch/Priemern, S. 14 und 15Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen
Unter dem Abschnitt „Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen“ sind vielfältige Maßnahmen enthalten. So z.B.:
- Vorbeugende Maßnahmen zur Senkung des Krankenstandes
- Verbesserung der Wohnkultur und Rekonstruktion von zwei Wohnungseinheiten sowie vier weiteren alten Wohnungseinheiten durch modernen Wiederaufbau
- Für 12 Wohnungseinheiten Neubauwohnungen wird der Bau von Stallungen für die individuelle Viehhaltung zugesagt und 20 Garagen für Mitarbeiter wurden geplant.
Weitere Abschnitte betreffen die Versorgung der Belegschaftsmitglieder mit Betriebsküchenessen und die gesundheitliche und sozialhygienische Betreuung sowie die Kinderbetreuung und die kulturelle Betreuung aller Betriebsmitglieder. Umfangreiche Maßnahmen wurden bezüglich des Ferien- und Erholungswesens festgelegt.
Quelle: Betriebskollektivvertrag 1971 des VEG (Z) Tierzucht Bretsch/Priemern, S. 15ff
Inhalte eines BKV von 1957
Quelle: Hrsg. am 25. November 1957 vom Ministerium für Land- und Forstwirtschaft; HV ForstwirtschaftDie Vielfältigkeit der Arbeit mit dem Kultur- und Sozialfonds im Rahmen des BKV wird u.a. auch aus der Chronik des VEG Pflanzenproduktion Schwaneberg von 1945–1985, in der eine ganze Reihe von Maßnahmen in Umsetzung des Kultur- und Sozialfonds geschildert werden, deutlich.
Urlaubs- und Ferienwesen
So wird über die Entwicklung des Urlaub- und Ferienwesens berichtet. Im Jahre 1972 wurde in Ballenstedt im Harz das erste betriebseigene Ferienheim ausgebaut, in dem jeweils 28 Personen ganzjährig Urlaub verbringen können. Drei Jahre später wird im Ostseebad Nienhagen ein weiteres Objekt für die Urlaubsbetreuung ausgebaut. Dort stehen 51 Plätze in einem Heim zur Verfügung, welches direkt am Wasser steht und ideale Urlaubsbedingungen bietet. Darüber hinaus steht den Betriebsangehörigen und ihren Familien Ferieneinrichtungen in Wolgast, Kreis Havelberg, Wernigerode, Harz und Doksy/CSSR zur Verfügung. Regelmäßig fand ein Urlauberaustausch mit bis zu 40 Personen mit einem ungarischen Betrieb in Balatonszarzo statt. 1976 wurde ein weiterer Urlauberaustausch mit Korycany/CSSR begonnen. Die Benutzung der Ferieneinrichtungen (außer Ostsee) war für Betriebsangehörige kostenfrei!
Kinderferienlager
Seit 1975 wurde ein Kinderferienlageraustausch mit einem Staatsgut in der CSSR durchgeführt und 30 Kinder sind für 2 Wochen im Austausch in die CSSR gefahren.
Betriebsküchen
Die Versorgung der Landarbeiterinnen und Landarbeiter in zwei Betriebsküchen wurde gesichert. In Schwaneberg gab es bis 1967 nur eine kleine Küche und zwei kleine Essräume im Keller des Verwaltungsgebäudes. Bereits 1967 wurde der neue Küchentrakt mit dem Kulturraum in Betrieb genommen und es wurde für 200Personen gekocht. Für die Versorgung der Kollegen zahlte der Betrieb jährlich 320 Mark pro Mitarbeiter für die beiden Betriebsküchen als Zuschuss aus dem K‑u-S-Fonds.
Kultur
Die Chronik schildert auch umfangreich das kulturelle Leben, was ebenfalls im Wesentlichen mit Mitteln des K‑u-S-Fonds finanziert wurde. 1972 wurde der gemischte Schwaneberger Chor/Altenweddingen gebildet, dem über 30 Mitglieder angehörten. Weiterhin wurden drei Kapellen unterstützt. Der Betrieb beauftragte u.a. den Nationalpreisträger Bildhauer Herrn Heinrich Apel aus Magdeburg mit der Erstellung von Bronzeplastiken, die in beiden Orten aufgestellt wurden.
Kindergärten
Von 1971 – 1974 wurden Kooperationssportfeste in Schwaneberg durchgeführt. Der Betriebskindergarten des VEG einschließlich Kinderkrippe wurde ebenfalls aus dem K‑u-S-Fonds unterstützt. Er hatte von 06.30 – 17.00 Uhr geöffnet. Allein im Jahre 1984 unterstützte das VEG die beiden Kindergärten mit 22.660 Mark. Die Einrichtungen wurden durch Betriebsküchen mit Essen und Getränken versorgt, wo für die Kinder der Betriebsangehörigen nur 0,50 Mark/Tag und 0,10 Mark/Tag für die Trinkmilch zugezahlt werden mussten.
Prämienfonds
In der DDR war die Prämie ein wichtiger Bestandteil des Arbeitseinkommens der Werktätigen. In der Broschüre „Die Arbeit mit dem Prämienfonds“, herausgegeben vom Verlag Tribüne Berlin 1984 wird formuliert „[…] spielt die persönliche materielle Interessiertheit der Werktätigen eine entscheidende Rolle. Diese persönliche materielle Interessiertheit wird vor allem über das Arbeitseinkommen wirksam. Es stellt sich zunächst dar als Einheit von Lohn und Prämie. Arbeitslohn und Prämie sind die Hauptbestandteile des Arbeitseinkommens der Werktätigen, wenn auch zum Arbeitseinkommen noch weitere Bestandteile gehören, […] Die Prämie […] ist Teil des Arbeitseinkommens, der die stimulierende Funktion des Lohnes ergänzen soll.“
Quelle: „Die Arbeit mit dem Prämienfonds, Werner Rogge, Verlag Tribüne Berlin 1984, S. 4Verwendung des Prämienfonds
In den Betriebskollektivverträgen wurden Vereinbarungen über die Verwendung des Prämienfonds getroffen. In der Regel sind rund 70 % des Prämienfonds für die Jahresendprämie und ungefähr 30 % für die anderen Prämienformen eingesetzt worden.
Die Betriebsgewerkschaftsleitungen hatten die Verpflichtung, den Werktätigen und den Kollektiven die betrieblichen Prämienregelungen zu erläutern und dafür zu sorgen, dass die Werktätigen und Kollektive unmittelbar in die Ausarbeitung und Verwirklichung der betrieblichen Prämienregelungen einbezogen, dass ihre Vorschläge gewissenhaft geprüft und beachtet werden. Zur Anwendung des Betriebsprämienfonds ist im BKV des VEG (Z) Tierzucht Bretsch/Priemern 1971 festgelegt, dass zur Zahlung der Jahresendprämie ca. 105.000 Mark und zur Zahlung von Kollektivprämien anlässlich einer Auszeichnung ca. 7.000 Mark verwendet werden. Für Zielprämien, für Schwerpunktaufgaben werden weitere 10.000 Mark zur Verfügung gestellt.
Quelle: Betriebskollektivvertrag 1971 des VEG (Z) Tierzucht Bretsch/Priemern, S. 11Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) und Volkseigene Güter (VEG)
„Bereits auf der 2. Parteikonferenz der SED im Juli 1952 wurde die Kollektivierung der Landwirtschaft beschlossen. Auf völlig freiwilliger Basis sollten sich Landarbeiter und Bauern in Produktionsgenossenschaften zusammenschließen und dafür Unterstützung erhalten. Das Echo darauf war sehr verhalten. Bauern, die vor wenigen Jahren erst Land erhalten hatten und mit großen Mühen versuchten, aus ihrem Besitz etwas zu machen, dachten oft überhaupt nicht daran, diesen Besitz wieder herzugeben. Freie und unabhängige Bauern gab es eigentlich nicht, denn jeder bäuerlichen Wirtschaft wurde in Abhängigkeit von der Betriebsgröße eine Pflichtabgabe, das sogenannte Soll, vom Staat vorgeschrieben. Diese Regelung war nur für kleine Wirtschaften von Vorteil, weil sie ein vergleichsweise geringes Soll zu erbringen hatten. Sie konnten ihre landwirtschaftlichen Produkte, die sie über ihre Zwangsabgabe produziert hatten, als sogenannte „Freie Spitze“ zu deutlich höheren Preisen verkaufen. Die größeren Betriebe hatten oft erhebliche Schwierigkeiten, ihr vorgebendes Planablieferungssoll zu erreichen. So wurde seitens der Machthaber Druck auf die Bauern ausgeübt und kontinuierlich erhöht. Mit Propagandaaktionen vor den Höfen und Agitationsgruppen wurden die „widerspenstigen Bauern“ für die Genossenschaft „überzeugt“. Eine wirkliche demokratische Diskussion über das Für und Wider kam nicht in Betracht.“
Quelle: „Geschichte von Buro und Klieken, Teil 7“ https://Buro-Klieken.de/DG/DG7.htmPolitischer und sozialer Druck auf die Bauern
„Die LPG’en wurden in einer Gründungsversammlung errichtet, mussten sich ein Statut nach gesetzlich vorgeschriebenem Musterstatut geben und wurden durch staatliche Organe bestätigt. Mitglied einer LPG konnten nicht nur die Bauern mit eigener Wirtschaft werden, sondern auch Landarbeiter und andere Bürger.
Drei Typen von LPG’en
Es wurden zunächst drei verschiedene Typen von LPG’en gebildet. (Typ I, Typ II und Typ III). Je nach Typ wurden von den Bauern dabei ihr Boden (I), dazu ihre Maschinen (II) und dazu der gesamte landwirtschaftliche Besitz mit Vieh, Maschinen und Gebäuden (III) in die Genossenschaft eingebracht. Die Bauern mussten darüber hinaus Bargeld einbringen (Inventarbeitrag). LPG des Typs III war zunächst selten, weil es an ausreichend großen Stallungen mangelte. Viele LPG’en wandelten sich erst später, oftmals unter Druck von Partei und Staat, von Typ I oder II in den dann dominierenden Typ III um.
Druck auf Bauern verstärkt sich
Auf die Bauern wurde insbesondere Ende der 1950er Jahre zunehmend erheblicher Druck ausgeübt, sich einer meist noch unwirtschaftlichen LPG anzuschließen. Die Einzelbauernwirtschaften wurden bei der Maschinenausleihe durch die Maschinen-Ausleih-Stationen (MAS), später Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) systematisch benachteiligt, so dass das Abgabensoll, die Verpflichtung zur Lieferung einer bestimmten Menge an landwirtschaftlichen Produkten, immer schwerer zu erfüllen war. Zahlreiche Bauern sind nach der 2. Parteikonferenz der SED 1952 bis zum Mauerbau 1961 aus der DDR geflohen, um nicht Mitglied der LPG werden zu müssen. Ihre Betriebe wurden zunächst von den staatlichen örtlichen Landwirtschaftsbetrieben (ÖLB) verwaltet und später nach Enteignung des Grund und Bodens in die LPG integriert.“
Quelle: „Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften – Wikipedia“ https://de.wikipedia.org/wiki/Landwirtschaftliche_ProduktionsgenossenschaftArbeitsweise der LPG
Die Mitglieder der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften erhielten einen leistungsbezogenen Arbeitslohn und eine Gewinnbeteiligung, die in der Jahresendauszahlung enthalten war. Darüber hinaus wurde den Bauern, die landwirtschaftliche Flächen eingebracht hatten, zugestanden, einen flächenbezogenen Gewinnanteil, die sogenannten Bodenanteile, zu erhalten.
Das höchste Organ der LPG war die Mitgliederversammlung. Zwischen den Mitgliederversammlungen leitete der Vorstand den Betrieb. In den LPG’en wurde die Arbeit über Abteilungen und Brigaden organisiert und die Genossenschaftsbauer konnten eine individuelle Hauswirtschaft betreiben. Überwiegend stand je Mitglied 0,5 ha Land zu, welches aber im Laufe der Entwicklung meistens durch die LPG bewirtschaftet wurde und die Genossenschaftsmitglieder erhielten daraus einen Deputatlohn in Form von Butter oder wahlweise eine jährliche Zusatzvergütung.
Akzeptanz der Genossenschaften steigt
In den 60er Jahren wuchs die Akzeptanz der LPG vor allem dadurch, dass die Arbeit in einer Genossenschaft eine Erleichterung gegenüber der des Einzelbauern darstellte. So wurde die Gestaltung der Feld- und Wiesenflure großflächig vorgenommen. Ein relativ großzügiger Landmaschinenpark konnte effektiv genutzt werden. Die Viehbestände wurden konzentriert auf wenige Standorte und der züchterische Fortschritt in der Tier- und Pflanzenproduktion konnte optimaler genutzt werden.
Vorteile des Wirtschaftens in LPG’en
Dazu kamen erstmals für die Bauern geregelte Arbeitszeit, Anspruch auf Urlaub und gesichertes Grundeinkommen. Auch ergaben sich in vielen LPG’en durch die Jahresendprämie und die Hauswirtschaften überdurchschnittliche Verdienstmöglichkeiten im Vergleich zu anderen Berufen. Die Produktionsgenossenschaft förderten ihre Mitglieder darüber hinaus durch Hilfen beim Eigenheimbau oder Delegierung zu einem Studium und betrieben zum großen Teil in den Kommunen Kindergärten und andere sportliche und kulturelle Einrichtungen. Die Lebensqualität auf dem Dorf verbesserte sich erheblich und die Menschen rückten auch enger zusammen. Die Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land konnte weiter entwickelt werden.
Volkseigene Güter (VEG)
Bei den volkseigenen Gütern (VEG) in der DDR handelte es sich im Gegensatz zur landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) um Landwirtschaftsbetriebe in staatlichem Eigentum. Die VEG sind überwiegend aus ehemaligen privaten landwirtschaftlichen Gütern oder Domänen im Ergebnis der Bodenreform durch entschädigungslose Enteignung der Besitzer entstanden. Die Betriebe hießen 1945 Staatsgut oder Provinzialgut und danach Landesgut und ab 1949 Volkseigenes Gut.
Es existierten zentrale VEG, z.B. die der VVB ( Vereinigung Volkseigener Betriebe ) Saat- und Pflanzgut, VVB Tierzucht und der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin sowie regional geleitete VEG auf Basis der später eingeführten Bezirke (bezirksgeleitete VEG).
“Stützpunkte der Arbeiterklasse auf dem Lande”
Die VEG waren als landwirtschaftliches Gegenstück zum volkseigenen Betrieb (VEB) gedacht und galten als Stützpunkte der Arbeiterklasse auf dem Lande. Im Jahre 1950 wurden rund 600 Volksgüter als künftige Zentren der Saat- und Viehzucht und Zentren für die fachliche und kulturelle Hebung des Niveaus der gesamten Landbevölkerung gegründet. 1960 bewirtschafteten die dann bereits rund 690 VEG ca. 6,3 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche der DDR. Im Zuge der allgemeinen Konzentration und Spezialisierung im Agrarwesen sank die Anzahl der VEG bis 1980 allerdings auf 385 Stück.
Aufgaben der VEG
Die Aufgaben der VEG können im Wesentlichen wie folgt zusammengefasst werden:
„1.) Durch vorbildliche Wirtschaftsweise in jeder Hinsicht […] den Bauern die Überlegenheit des sozialistischen Großbetriebes […] überzeugend zu beweisen. […] sie müssen als Schrittmacher bei der Entwicklung der Produktion, der Qualität und Erhöhung der Effektivität“ dienen.
2.) Vorrangige Erzeugung von Produktionsmitteln, d.h. hochwertigen Saat- und Pflanzgutes sowie leistungsfähigen Zucht- und Nutzviehs […]
3.) Die Aufgaben der Lehre und Forschung […] nehmen in den volkseigenen Gütern nach wie vor einen sehr bedeutenden Platz ein, und nicht unerhebliche Forschungskapazität ist hier stationiert.
4) […] als Trägerbetriebe der Berufsschulen der landwirtschaftlichen Berufe haben sie hier eine große Verantwortung zu tragen.
5) Beträchtlich ist der Umfang, den unsere staatlichen Güter, vorwiegend die bezirksgeleiteten Güter sowie die zentralgeleiteten Kombinate für industrielle Mast (KIM) bei der Produktion ausgewählter Konsumprodukte in höchster Qualität leisten und damit zur guten Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen Nahrungsmitteln und der Industrie mit Rohstoffen maßgeblich beitragen. […]“
Quelle: „Tagung Berlin, Akademie der Landwirtschaftswissenschaften DDR Berlin 1984“Quelle: „Von der Bodenreform bis zur Treuhand; Lexikon der volkseigenen Güter und ihrer Direktoren im Bezirk Magdeburg“, Ernst-Walter Paasch und Dieter Staevi; dr. Ziethenverlag, S. 7,10