Organisationen
Entwicklung der Landarbeitergewerkschaft bis 1945
Bearbeitet von Christian KochVerband der Land‑, Wald- und Weinarbeiter Februar 1909 gegründet
Die Gründung des Verbandes der Land‑, Wald- und Weinarbeiter Deutschlands in Berlin am 21./22. Februar 1909 gilt als das bedeutungsvollste Ereignis in der bisherigen Geschichte des deutschen Landproletariats. Dem Verband der Land‑, Wald- und Weinarbeiter Deutschlands (Landarbeiterverband DLV) gehören zu Beginn 464 Mitglieder an und am 1. Juli 1909 erscheint zum ersten Mal das offizielle Organ des DLV, „Der Landarbeiter“. In einem Artikel dieser ersten Ausgabe heißt es „Eine frohe Botschaft“ unterbreitet der DLV den Land‑, Wald- und Weinbergarbeitern seine Ziele.
Darin heißt es u.a.: „Arbeiter in Wald und Feld, eine mächtige Waffe wird Euch ein großer Verband sein. Er wird das Mittel darstellen zur Beseitigung der schmachvollen Sklavenketten, die Euch von den reaktionären Machthabern angelegt sind.“
Bereits Mitte des Jahres 1909 gehören der Gewerkschaft 2.326 Mitglieder an und „Der Landarbeiter“ wird in 20.000 Exemplaren verbreitet. Schon in den ersten vier Jahren seines Bestehens erkämpft der DLV für 5.402 Landarbeiter Lohnerhöhungen von rund 8.887 Mark. Bis Dezember 1913 wächst die Mitgliederzahl auf 20.267.
Erste Generalversammlung 1912
Die erste Generalversammlung fand vom 27. bis 31. Dezember 1912 statt. Als Abschluss wurde eine Resolution angenommen, in der die Beseitigung aller landesgesetzlichen Gesindeordnungen, aller Strafgesetze und –bestimmungen gefordert wurde, die sich gegen ländliche Arbeiter wegen Nichtantritt, Verlassen des Arbeitsverhältnisses, Vertragsverletzungen, Ungehorsam oder Widerspenstigkeit wegen Verabredung und Vereinigung zur Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen, insbesondere mittels Einstellung der Arbeit oder wegen Aufforderung zu solchen Verabredungen richteten.
In der Mitte des Jahres 1911 richtete der Bund der Landwirte an die Regierungen und Polizeipräsidenten eine Eingabe, in der ersucht wurde, den Landarbeiterverband als einen politischen Verein zu erklären. Im Geiste des kaiserlich-deutschen Polizeistaates wurde dann 1913 ein konservativ-zentrümlicher Zentralverband der Landarbeiter gegründet, der sich später der christlichen Gewerkschaftsbewegung anschloss. Er sollte ein Gegengewicht gegen den DLV werden.
Quelle: Vom Knechte zum gleichberechtigten Staatsbürger, 75 Jahre Gewerkschaftsarbeit auf dem Lande – Eine Chronik der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft und ihrer Vorläufer 1984Im Jahre 1919 hatte der DLV 625.000 Mitglieder
Am 06. März 1932 tagen 1.180 Delegierte der Landarbeiter in Magdeburg. In der Entschließung heißt es über ihre Lage in der Weltwirtschaftskrise: „Die Kundgebung erhebt energischen Protest gegen jeden weiteren Lohnabbau und gegen jede weitere Verschlechterung der tariflichen Bedingungen.“
Quelle: Vom Knechte zum gleichberechtigten Staatsbürger, 75 Jahre Gewerkschaftsarbeit auf dem Lande – Eine Chronik der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft und ihrer Vorläufer 1984Landarbeitergewerkschaft im “1000 jährigen Reich”
Die am 02. Mai 1933 zwangsweise „übernommenen“ Gewerkschaften wurden in die deutsche Arbeitsfront (DAF) überführt. Später verlangte der Reichsnährstand die Überführung der Land- und Forstarbeiter in seine Organisation, welches im Jahre 1941 dann auch durchgesetzt wurde. Vom 26. Februar 1935 an wurden alle Arbeitnehmer mit einem Arbeitsbuch ausgerüstet, was für die Landarbeiter nichts neues darstellte, sondern nur eine verschärfte Neuauflage der Gesindebücher bedeutete, die sie bis 1918 haben mussten und ohne die sie keine Arbeit bekamen. Als weitere Zwangsmaßnahme wurde am 22. Januar 1938 der obligatorische Arbeitsdienst eingeführt, auch für Mädchen in Ergänzung und Erweiterung des weiblichen Pflichtjahres. Die Lohnfestsetzung wurde dem Staat übertragen und zu Beginn des zweiten Weltkrieges wurde ein allgemeiner Lohnstopp verordnet.
Quelle: Vom Knechte zum gleichberechtigten Staatsbürger, 75 Jahre Gewerkschaftsarbeit auf dem Lande – Eine Chronik der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft und ihrer Vorläufer 1984Repressionen gegenüber Gewerkschaftern und Landarbeiterfunktionären
In der Zeit des Faschismus werden tausende ehemalige Mitglieder des DLV misshandelt, 61 wegen ihres illegalen Widerstandes gegen die Nazibarbarei ermordet. Unter ihnen die Landarbeiter Dankner, Beham, der Landwirtschaftsfunktionär der KPD, Skamira, der Obergärtner und Chefredakteur der Illustrierten Bauernzeitung, Koelliker.
Der ehemalige Gewerkschaftsfunktionär F. Dressel, der Landwirt ‚R. Hartmann, der Melker, R. Simf, der Landarbeiter und Kandidat des ZK der KPD, A. Chettkat, der Gärtner H. Labey und viele andere werden von Nazi-Schergen in Konzentrationslagern umgebracht.
G. Melkert, Landarbeiter und Funktionär des ehemaligen DLV, wird wegen antifaschistischer Tätigkeit in der Haftanstalt Alt-Strelitz ermordet. Viele Funktionäre, die in der Landwirtschaft und im DLV wirkten, wie H. Rau, E. Hoernle, F. Moericke und andere gehen in die Illegalität.